Pionierarbeit für Permakultur

Forschung und Beratung für Permakultur in der schweizerischen Landwirtschaft


Tobias Messmer, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften der Berner Fachhochschule, und zwei Studentinnen bei der Ernte im hauseigenen Permakultur-Feldgarten (Foto: BFH-HAFL, Marcel Kaufmann).

Von Eno Nipp

Zahlreiche Hausgärten und wenige landwirtschaftliche Betriebe in Europa zeigen, dass Permakultur als besonders nachhaltiges Anbausystem nach dem Vorbild der Natur funktioniert. Sie kann einen wichtigen Beitrag leisten für eine umweltfreundliche Lebensmittelproduktion. Allerdings ist sie laut Adrian Reutimann vom Verein Permakultur-Landwirtschaft in der schweizerischen Landwirtschaft bislang kaum im Einsatz. Das liege unter anderem am hohen Bedarf an Handarbeit und den damit verbundenen Lohnkosten. «Dennoch ist die Nachfrage nach Informationen und Beratung zu Permakultur unter den Betrieben gross», so Reutimann. Der Verein Permakultur-Landwirtschaft und die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, ein Departement der Berner Fachhochschule, (BFH-HAFL) möchten diese Lücke schliessen. Hier ist die Permakultur bereits Teil des Studiums. Seit Mitte 2017 entstehen auf dem hochschuleigenen Gelände ein Feldgarten sowie ein Waldgarten als Lehr- und Forschungsflächen für Permakultur. In Obstbaumgilden und auf Hügelbeeten gedeihen allerlei Früchte und Beeren, essbare Stauden, Kräuter und Pilze. Pflanzen, die Stickstoff aus der Atmosphäre aufnehmen und wieder abgeben oder Symbiosen mit Mykorrhiza-Pilzen eingehen, sorgen für genügend Nährstoffe im Boden. Windschutzhecken und Sonnenfallen schaffen ein gutes Mikroklima. Die Flächen dienen einerseits der Erforschung der Permakultur und andererseits als Anschauungsbeispiele für die Lehre und die interessierte Öffentlichkeit. Unter der Co-Projektleitung von Liv Kellermann, Daniel Lis und Tobias Messmer werden seit 2020 regelmässig wissenschaftlichen Monitorings zu Insektenpopulation, Bodenqualität und Ernteerträgen durchgeführt. Aktuelle Ergebnisse werden auf der Forschungswebseite Permakultur der BFH-HAFL veröffentlicht.

Zusammen mit den Projektpartnern Agridea, Inforama und Fibl wird nun in den nächsten Jahren eine Kompetenzplattform für Permakultur in der Landwirtschaft aufgebaut. Denn seit 2020 gibt es in der Schweiz den Kulturen-Code 725 für Permakultur im Flächenkatalog des Bundesamtes für Landwirtschaft. Damit können permakulturell bewirtschaftete Flächen mit Direktzahlungen vom Bund unterstützt werden. Die Definition wurde bewusst relativ offen gewählt, um der Vielfalt gerecht zu werden: «kleinräumige Mischung verschiedener Kulturen mit mehr als 50 % Spezialkulturen». Als Spezialkulturen gelten z. B. Beeren, Reben, diverse Gemüse und Kräuter.

 «Wir wollen Landwirtinnen und Landwirte unterstützen, Schritt für Schritt in die Permakultur einzusteigen und das System erfolgreich auf ihrem Betrieb weiterzuentwickeln», erklärt Adrian Reutimann. Im Vordergrund steht die Vernetzung der bestehenden Pionierbetriebe und der fachliche Austausch sowie die Bekanntmachung neuster Forschungserkenntnisse über die Plattform. Aus- und Weiterbildung im Bereich Permakultur soll das Angebot ergänzen.

In einem weiteren Projekt von Hans Ramseier, Dozent für Pflanzenschutz und ökologischen Ausgleich an der BFH-HAFL, und Tobias Messmer, wird seit 2020 eine Gruppe von Schweizer Pionierbetrieben wissenschaftlich begleitet. Diese Betriebe bewirtschaften bereits seit mehreren Jahren erfolgreich Permakulturflächen oder planen die Einführung von Permakulturelementen. Ziel ist es, diese zu beraten und, in dieser Form zum ersten Mal, die Wirtschaftlichkeit, sowie die Auswirkungen der Permakultur auf die Umwelt mittels eines Insektenmonitorings zu untersuchen. «Mit den vorhandenen Fluginsekten überprüfen wir die Hypothese, dass Permakultursysteme zu einer Zunahme von Nützlingen und zu einem Rückgang der Schadinsekten führen», so Hans Ramseier.

Laufkäfer wiederum geben Auskunft über den Zustand der Biodiversität, da sie sehr rasch auf Veränderungen von Lebensräumen reagieren und somit Umweltbedingungen nachbilden. «Auch hier überprüfen wir, ob eine Zunahme von Arten zu beobachten sein wird, die in intakten Systemen vorkommen.» Weiter untersuchen sie die Qualität der Böden und werten die betriebswirtschaftlichen Daten der einzelnen Betriebe aus. «Die Bewirtschaftung von Permakultursystemen muss sich schliesslich auch nach ökonomischen Kriterien lohnen», gibt Hans Ramseier zu bedenken.


Weitere Infos: adrian.reutimann@bfh.ch, www.bfh.ch/permakultur

 

 

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