Permakultur in Darjeeling – Erfahrungen einer Freiwilligen

Kurve Wustrow bietet weltwärts-Freiwilligendienste in Permakultur-Organisationen in Indien, Tansania und Ghana an. Antonia S. war ein Jahr lang bei Tieedi in Ostindien und berichtet aus dem Projekt.


von Antonia S.

Ein Jahr habe ich auf einer Permakulturfarm im Himalaya Darjeeling Indien gelebt. Nur zwei Jahre zuvor wurde diese von einem Ehepaar gegründet, das beschlossen hatte, ein Leben mit gut bezahlten Jobs in der vergleichsweise bequemen, aber auch hektischen Stadt aufzugeben. Ursprünglich sollte ein nach Permakulturprinzipien angelegter Waldgarten entstehen, der Ansätze für eine zukunftsfähige Landwirtschaft erprobt und in die Praxis umsetzt. Mit gerade drei Jahren steht das Projekt noch ganz am Anfang - es gibt unterschiedliche Zukunftsvisionen. Unter anderem sollen die Möglichkeiten konkreter werden, sich gegenseitig im Bereich Permakultur und darüber hinaus weiterzubilden – zum Beispiel in Form von regelmäßigen Seminaren oder einer Bibliothek, die zum Austausch und Recherchieren einlädt.

Beobachte und integriere: Wir packen das Müllproblem an

Das Problem mit Müll und insbesondere mit Plastik ist in der Region etwas, das das Leben der Menschen unmittelbar beeinflusst. Wegen fehlender Infrastruktur für Müll landet der eigene und von außerhalb kommende Abfall in der Regel direkt im Wald und in den Flüssen. Bevor der Waldgarten angelegt wurde,  mussten der Wald und der Fluss, der durch das Gebiet der Farm verläuft, von Müll befreit werden. Dafür haben die beiden Gründer einige Menschen aus der Nachbarschaft mobilisiert und eine gemeinsame Aufräumaktion angeregt. Denn das Tieedi-Projekt sieht sich nicht als Rückzugsort aus der Gesellschaft, sondern als eine Möglichkeit, auf diese einzuwirken. Somit möchte es Menschen die Perspektive geben, an einer Situation etwas zu ändern, mit der sie sich in ihrem alltäglichen Leben konfrontiert sehen. Dabei kommt nicht nur das Permakulturprinzip „Produziere keinen Abfall“ zum Tragen, das zur Beschäftigung mit dem Thema Abfall einlädt, sondern auch das erste Prinzip „Beobachte und Integriere“. Dieses Permakulturprinzip rät zu dem Vorgehen, erstmal die besondere Situation eines bestimmten Ortes zu bestimmen, um dann dazu spezifisch handeln zu können.

Gemeinsam mehr erreichen: regionale Vernetzung rund um das Thema Abfall

Mittlerweile arbeitet Tieedi mit Zero Waste-Gruppen und Organisationen aus der Stadt Darjeeling, mit Anwohnenden besonders betroffener Stadtteile und einigen Schulen zusammen, um sichtbarere Ziele und damit mehr Menschen erreichen zu können. Dabei geht es vor allem um Aufklärung und Unterstützung beim Mülltrennen, Recycling und Kompostieren. Dieses Thema nimmt sehr viel mehr Platz in der Arbeit des Projektes ein und erfordert mehr Zusammen- und Öffentlichkeitsarbeit, als das Gründungspaar anfangs gedacht hatte.

Freiwilligenarbeit auf der Farm

Zusammen mit meiner Mitfreiwilligen habe ich mich auf der Farm daher viel im Bereich Abfall-Management eingebracht. Wir sammelten und trennten Müll, kümmerten uns um die Kompostsysteme und unterstützten bei der Erstellung der „Plastic Bricks“ – mit Plastikmüll befüllte Flaschen, die als Baumaterial für die Lehmhütten benutzt werden. Wie die Plastic Bricks aussehen siehst du in diesem Video. Auch das Füttern der Hühner oder die Unterstützung im Gemüsegarten sowie in der Gastfamilie gehörten zu unseren Aufgaben.

Letztere ist bei Tieedi eine Art Hostel. Alle paar Tage kommen neue Gäste auf die Farm. Die einen, um eine kurze Auszeit vom stressigen Stadtleben oder dem heißen Klima der südlicheren Regionen Indiens zu nehmen. Andere haben ihr altes Leben hinter sich gelassen und verbringen ein paar Tage oder Wochen ihrer Reise an diesem Ort, an dem sie eigenes Wissen weitergeben und viel dazu lernen können. Unser Alltag, die Zusammenarbeit der Freiwilligen tagsüber auf der Farm, und besonders auch die Abende gemeinsam mit Bewohnern von Tieedi, gehörten auch zur Erfahrung für Gäste dazu. Denn das Hostel ist die Einnahmequelle, um das Projekt zu finanzieren, aber vor allem auch der Versuch, Tieedi für Menschen zu öffnen, um voneinander zu lernen.

Am Beispiel dieses Projektes konnte ich erfahren, dass die Idee Permakultur nicht nur Träumerei sentimentaler Utopisten ist, sondern eine rationale Haltung und Vorgehensweise sein kann, wenn die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten effektiv und langfristig genutzt werden und Lösungswege gefunden werden sollen.


Mehr Informationen zur ostindischen Bio-Farm Tieedi erhälst du auf der Webseite vom Projekt. Die Kurve Wustrow, Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion e. V., ermöglicht Freiwilligendienste in Permakulturprojekten wie Tieedi. Hier erhälst du Infos zu weiteren Projekten sowie alles Wissenswerte, um am Freiwilligendienst der Kurve Wustrow teilzunehmen.

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