Geniale genügsame Getränke selbermachen

Auf der Suche nach Alternativen: Wie kann man erfrischende Getränke aus lokalen Zutaten selbst herstellen, statt weitgereiste zu kaufen?


Es ist doch ziemlich faszinierend, dass wir als Gesellschaft an einem Punkt angekommen sind, an dem es einfacher erscheint,

  • Früchte und Blätter in weit entfernten Regionen anzubauen und zu pflücken
  • währenddessen Glas- und Plastikflaschen oder Getränkekartons herzustellen, für die man entweder erst Sand, Kalk und Soda auf 1.600°C erhitzen, oder Erdöl fördern, raffinieren und mit Chemikalien versetzen muss, im Fall von Getränkekartons noch Bäume fällen, schreddern, zu Karton verarbeiten und mit Erdölprodukten und Aluminium verschweißen muss,
  • dann alles zu verschiffen oder durch die Gegend zu fahren, dafür Erdöl zu verbrennen, für dieses Privileg wiederum Kriege zu führen, Meere, Wälder, Felder, Dörfer und Städte mit giftigen Hinterlassenschaften aus der Verbrennung zu verschmutzen,
  • aus den Früchten und Blättern Getränke herzustellen, diese abzufüllen
  • und von da an ein Produkt, das zum größten Teil aus Wasser und Verpackung besteht, wieder quer durchs Land zu fahren, dafür wieder Erdöl zu verbrennen, das Ganze in den Laden zu schleppen und vom Laden nach Hause
  • um es dann in wenigen Minuten auszutrinken
  • und die Behältnisse wieder wegzubringen oder zu entsorgen, wonach sie sich in vielen Fällen in Gift für die Böden oder tödliche Fallen für Meeresbewohner entwickeln, ...

… als einfach Früchte, Kräuter und Wasser vor Ort zu pflücken, zu Getränken zu verarbeiten, in wiederverwendete Flaschen zu füllen und zu genießen.

Ist es aber. Ein fertiges Getränk zu kaufen ist viel einfacher, als sich selbst eins zu mischen. Zumindest für den Endverbraucher. Für die Umwelt ist es leider um einiges komplexer: Ökosysteme und Menschen in der Produktionskette leiden oft massiv, dafür, dass wir zum Feierabend – oder einfach so zwischendurch – unsere Getränke genießen können.

Ich bin deshalb auf der Suche nach Alternativen: Wie kann man erfrischende Getränke aus lokalen Zutaten selbst herstellen und das eventuell sogar mit so wenig Aufwand, dass es in den Alltag passen kann? Folgende Sachen habe ich ausprobiert:

Sirup

In der Obstzeit kann man Kirschen, Beeren, Quitten usw. zu Sirup verkochen und haltbarmachen, sodass man sich damit später ganz einfach Drinks versüßen kann. Sirup bringt leider meistens einiges an zugesetztem Zucker mit, der seit meinem Ausstieg aus der Zuckersucht nicht mehr so mein Ding ist. Wenn man ihn okay findet, ist das allerdings eine ziemlich komfortable Lösung.

(Kalter) Tee

Tee kann man kochen und abkühlen lassen, oder gleich als Kaltauszug ansetzen, um noch mehr Energie zu sparen. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Ob man nun klassisch Kräuter oder Trockenfrüchte als Geschmacksgeber aufgießt, oder auch mal Blüten oder frische Früchte benutzt, frischer Geschmack kommt fast überall raus.

Saft oder Wein verdünnen

Gerade im Sommer, wenn man viel Flüssigkeit braucht, ist Verdünnen interessant. Für viele Leute sind pure Obstsäfte sowieso zu süß und zu schwer. Verdünnt man sie großzügig mit Leitungswasser braucht man nicht so viel davon und hat so den nötigen Energieaufwand ordentlich verkleinert. Aus dem Altertum ist auch der Brauch überliefert, Wein mit Wasser zu verdünnen, damit er nicht gleich betrunken macht, sondern nur einen angenehmen Geschmack beisteuert. Früher setzte man übrigens die Feststoffe, die nach der Weinmaische übrigblieben, auch nochmal an, um dünnen Treberwein zu bekommen.

Essigwasser

Ebenfalls aus der Antike stammt die Praxis, Wasser mit Essig anzureichern. Der bringt nicht nur eine angenehm frische Säure mit, sondern, wenn er noch lebendig und nicht schon abgekocht ist, auch eine Menge fleißiger Bakterien, die gut für die Verdauung und das Immunsystem sind. Essig herzustellen ist übrigens ziemlich einfach, kann sogar leicht von selbst passieren.

Selbst entsaften

Mit Saftpresse, Dampfentsafter, Zentrifugen-Entsafter oder anderen Küchengeräten lassen sich Säfte aus den verschiedensten Obstsorten relativ einfach zu Hause in der Küche oder im Garten herstellen. Kirschsaft lässt sich sogar schon mit bloßen Händen und einem Filternetz ganz gut auspressen (nur gut waschen sollte man die Hände vorher). Aber Achtung: Nach einer Weile wird ein Teil davon durch das enthaltene Pektin fest, dann kann man ihn als zuckerfreie Marmelade weiterverwenden, oder wieder in der Flüssigkeit aufschütteln.

Limonaden selber fermentieren

Wer keine Lust auf Entsaften hat, kann diese Arbeit auch Bakterien tun lassen. Einfach Obst zerdrücken oder pürieren, mit Wasser verdünnen und einen Schluck von etwas dazu geben, das lebendige Milchsäurebakterien enthält: frischer (Soja-)Joghurt, Sauermolke, milchsauer fermentierte Säfte, Sauerkrautsaft, Brottrunk etc. Die Bio-Varianten von all dem sind nicht immer, aber öfter als die konventionellen, noch lebendig.

Um den Prozess zu verstärken und das Getränk zu süßen, kann man noch ein bisschen Zucker dazugeben. Das Ganze gibt man in ein Glas, das so groß ist, dass noch ungefähr ein Fünftel Luft bleibt, verschließt den Deckel fest genug, dass keine Fliegen und auch keine Luft mehr reinkommen, aber locker genug, dass noch Gas entweichen kann, stellt es auf einen Teller, der eventuell entweichende Flüssigkeit auffangen kann und wartet zwei bis fünf Tage. Wenn alles klappt, bauen die Milchsäurebakterien den enthaltenen Zucker in Kohlensäure und geschmacklich erfrischende Milchsäure um. Auch Milchsäurebakterien sind sehr gut für unser Verdauungs- und Immunsystem. Außerdem ziehen sie den Geschmack aus den Früchten in die Flüssigkeit, was man daran merkt, dass die Fruchtstücken nach ein paar Tagen nach nichts mehr schmecken. Dann abfiltern und in Flaschen füllen. Nicht so dicht schließen, sonst können sie platzen. Um viel Kohlensäure zu bekommen kann man nochmal etwas Zucker dazugeben, und sie für ein paar Stunden in den Kühlschrank stellen.Mit Kombucha und (Wasser-)Kefir lassen sich ähnliche Limonaden herstellen, nur brauchen sie um einiges mehr Zucker.

Bier und Wein selber fermentieren

Auf ähnliche Weise kann man sich Hefen zunutze machen, um alkoholische Getränke selbst herzustellen. Auch Cidre oder das in Osteuropa beliebte Kwas werden mit Hilfe von Hefen hergestellt. Anleitungen dafür sind aber nicht kurz genug, als dass ich sie hier wiedergeben könnte.

Lokale Getränke selbst abholen

Eine weitere einfache Lösung wären natürlich auch lokal produzierte Getränke. Wer das Glück hat, an einem Ort zu wohnen, an dem Bier gebraut, Wein hergestellt, Saft gepresst oder Limonade aus lokalen Früchten hergestellt wird, kann dort eventuell Flaschen direkt kaufen, bevor sie mit Autos durch die Lande gefahren werden – und sie zu Fuß oder auf dem Radl transportieren. Nimmt der Hersteller die Flaschen hinterher wieder zurück, ist das ziemlich nah an perfekt.

Könnt ihr euch vorstellen, abgefüllte, transportierte Getränke sein zu lassen?

Fallen euch noch mehr Möglichkeiten ein, sie nachhaltiger zu ersetzen?

Dann würde ich mich sehr freuen, davon zu hören.

Ein interessantes Erlebnis möchte ich noch teilen:

Vor ein paar Wochen habe ich Apfelsaft im Tetrapak containert. Da ich keine Getränke kaufe, war ich überglücklich über dieses Geschenk und beschloss, ihn für einen wertvollen Moment aufzuheben. Nach ein paar Tagen merkte ich – oh jemine – dass das Tetrapak ein kleines Loch hatte. Dadurch war Luft eingeströmt. Ich öffnete ihn vorsichtig und roch daran. Dann probierte ich und merkte: die wilden Luft-Hefen hatten im Apfelsaft die Überhand übernommen und ... Wein daraus gemacht. Was für ein Glücksfall. Da ich nicht so gerne Alkohol trinke, habe ich einen Essigstarter hinzugegeben und es mit einem Tuch bedeckt offen stehen lassen, sodass die Essigsäurebakterien den Alkohol abbauen und in frische Säure umwandeln.

Nach ein paar heißen Sommertagen hatten die Bakterien ihr Werk weitestgehend getan und ich habe angefangen, mir einmal am Tag ein paar Schluck Weinessig zum frischen Leitungswasser in meiner Trinkflasche zu geben. Das ergab ein so spritziges leckeres Erfrischungsgetränk, dass auch meine Mitbewohner es „perfekt“ fanden und mittranken. Trotzdem hat der Liter Apfelsaft so ungefähr zwei Wochen lang gereicht. Das ist doch mal eine effiziente Ressourcen-Nutzung, würde ich sagen.

Gregor Scholtyssek (29) lebt in Dresden und gestaltet dort beruflich und ehrenamtlich Projekte für nachhaltige Entwicklung. Er hat unter anderem zwei Gemeinschaftsgärten mitgegründet und den Dresdner Zukunftsstadt-Prozess mitentwickelt.

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