Wintertreffen 2023 – für Permakulturinteressierte

Erdem Köksal war beim Wintertreffen 2023 dabei und teilt seine Erfahrungen in diesem Bericht.


© Foto: Erdem Köksal

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von Erdem Köksal

20 Jahre Permakultur Akademie und 40 Jahre Permakultur Institut! Das muss gefeiert werden und das wollten sich auch viele andere Permies (Anm. d. Red. umgangssprachliche Bezeichnung für Permakulturdesigner*innen, -praktizierende und/ oder -lernende) auf keinen Fall entgehen lassen.

Also ab zur Burg Lohra nach Thüringen, wo das diesjährige Wintertreffen des Permakultur Instituts stattfand.

Einstieg und Kennenlernen: Donnerstag, 23. März 2023

Unsere Fahrgemeinschaft ist pünktlich zum Abendkreis eingetroffen, es ist Neumond und ziemlich dunkel. Im Haus sind viele bekannte Gesichter aus der Permakultur-Szene, alle super glücklich und aufgeregt, endlich mal wieder eine Präsenzveranstaltung zu besuchen. Viele sind hier, um sich zu vernetzen und sich wieder auf den neuesten Stand zu bringen: wer, wo, was, mit wem an welchen Projekten arbeitet. Aufregend!

Wir bersten also mitten in den Kennenlernkreis rein, ziehen einen Zettel, der uns in eine der acht Himmelsrichtungen nach dem 8-Schilde-Modell nach Jon Young unterteilt. Auch werden wir in vier-Personen-Clans unterteilt, damit die, die sich noch nicht kennen, besser anknüpfen können und gegenseitig auf ihre Bedürfnisse achten. Die Clanzeit ist immer nach dem Abendessen und kurz vor der Morgenrunde, für mich als „letzte-Minute-aufstehen-und-die-letzten-Reste-vom-Frühstück-Schnapper-bevor-es-mit-der-Morgenrunde-losgeht-Mensch“ ist das zwar zu früh, aber ich muss ja nicht überall mit dabei sein.

Das Wintertreffen des Permakultur Instituts ist eine tolle Möglichkeit, eigene Projekte und Ideen vorzustellen, über besuchte oder selber angebotene Seminare und Workshops zu plaudern oder sich einfach in Gruppen über bestimmte Themen auszutauschen, zu beratschlagen, zu träumen oder zu vernetzen.

Jede Person oder auch Gruppe, die ein Zeitfenster für die Vorstellung ihrer Angebote wünscht, teilt dies der Orgagruppe und der Moderation im Vorfeld mit. Diese Angebote werden dann vorgestellt, ein Stimmungsbild zeigt an, ob und wie viele Personen sich für das Thema interessieren. Diese werden dann als Zeitslots in die Tagesplanung integriert und die besagten Programmpunkte werden einem Raum zugeteilt.

Wir Permies haben immer ziemlich viel zu berichten, daher gibt es auch eine Vielzahl an Angeboten, die sich mit anderen Angeboten überschneiden, das ist aber nicht so schlimm, da wir während dem Mittagessen oder am Abend nochmals beisammen sitzen und wir mit den Referenten weiter über die Themen sprechen können. Und was für Themen! So spannend, aber dazu etwas später mehr.

Unsere Fahrgemeinschaft mit vier Personen hatte zwar das Abendessen verpasst, es wurde aber noch etwas für uns aufgehoben und wir dinierten prima zu den leckersten regionalen Biospeisen, die man zu dieser Jahreszeit bekommen kann. Hier ein Riesen-Dankeschön an die Küche! Die Küchencrew bestand aus Permies, die sich bereit erklärt hatten, eine Gruppe von mehr als 50 Menschen zwischen 3 und 70 Jahren zu bekochen, dabei nur lokale oder regionale Produkte zu benutzen und das in Bio-Qualität. Sehr fein!

Der erste Abend geht normalerweise nie sehr lang, manche Menschen sind ja von weit her angereist. Vor 1 Uhr komme ich aber natürlich nicht ins Bett, zu schön war es, uns wieder zu sehen.(Und ich hatte eine Kiste Bier mit :)

Eröffnungsthema und Waldführung: Freitag, 24. März 2023

Auch wenn die Betten eher Hängematten glichen und manche Räume sehr schlecht beheizt waren, treffen wir uns gut gelaunt und vollzählig um 9 Uhr zum Morgenkreis. (Das Frühstück habe ich wie fast immer verpasst.)

Um 9:30 gehts dann zum Eröffnungsslot mit Infos über die weiteren Tage. Die Angebote sind gesammelt und geordnet, so dass das volle Programm auch in drei Tage reinpasst.

Das Thema „Reframing Permaculture“ wird moderiert vom lieben Ronny Regenwurm und beginnt um elf Uhr, ziemlich spannend und ein toller Einstieg in die Materie: Wie wollen wir die Permakultur voranbringen, die Ethiken und Prinzipien in die große weite Welt tragen und wie schaffen wir es, damit eine Schadensbegrenzung im Kampf gegen die Selbstvernichtung der Menschheit zu verwirklichen? Wo liegen die Hebel, die wir betätigen können? Das Thema ist so großartig, dass wir ein zweites Zeitfenster am nächsten Tag einrichten.

Um zwölf Uhr können wir uns die Basisprinzipien der Soziokratie durch Laura Schöneberg anhören, eine Übung dazu gibt es am darauffolgenden Tag. Gut, dass ich schon einiges an Input dazu habe und mich zu den Teilnehmern hinzu geselle, die dem Reisebeitrag von Sabine Mund mit dem tollen Namen „AURA, Permakultur aufs Rad“ lauschen. Sie berichtet, welche Gemeinschaften und Orte, die sich mit Permakukltur beschäftigten, sie für ihren permakulturellen Lernweg auf dem Fahrrad ausgesucht hatte. Da bekomme ich richtig Lust, mich aufs Radl zu schwingen, ganz nach dem Motto: Ich bin dann mal weg!

Und schon ist Mittag und das Essen steht bereit. Das Essen ist so lecker, da steckt echt viel Liebe drin.

Auf den Nachmittag freue ich mich besonders! Prof. Schulze ist Förster, Biologe und Ökologe und hat ganz in der Nähe einen Privatwald, den er bewirtschaftet und uns eine Führung dazu geben möchte. Mit seinen Ü80 ist er viel fitter als ich mit meinen Ü40 mit Hexenschuss. Überall Bärlauch, so weit das Auge reicht, und ich kann mich nicht bücken, um ihn zu sammeln! Das ist hart für mich. Aber ich bin ja nicht zum Sammeln von Kräutern hier, sondern bin auf der Jagd nach Wissen, das uns der Herr Prof. zu Genüge vermittelt. Wir stehen uns am Anfang, mit einem voller AHA-Momente gespickten Vortrag, die Beine in den Bauch. Ein Vortrag aber, der uns auf die Wanderung durch den Wald vorbereitet und keine Sekunde langweilig ist. So einen Prof hätte ich an meiner Uni auch gerne gehabt. Wir sehen am Wegesrand das weltweit größte Totholz Experiment, mit dem analysiert worden ist, auf welchen gefällten Bäumen sich die größte Diversität entwickelt. Es gibt viele Infos über den Waldschutz und sinnige und unsinnige Auflagen und Gesetze im Namen des Umweltschutzes.

Der krönende Abschluss der Waldführung war mit Kuchen an einer Hütte.

Zurück beim Seminarhaus hatten wir die Zeit, uns die Umgebung anzuschauen. Die Burg Lohra mit seiner Kirche grenzt an unseren Aufenthaltsort und ist eine Besichtigung wert.

Das Abendessen ist angereichert mit tollem Salat! Einige Teilnehmer*innen haben etwas Bärlauch und andere saftige Kräuter beim Waldspaziergang gesammelt. Ich könnte mich reinlegen, so lecker!

Nach dem Abendessen gibt es Tango tanzen als Angebot. Beim Wintertreffen muss ja nicht alles permakulturell sein. Was ist denn das! Noch ein Angebot? Haareschneiden! Das ist mal was praktisches, aber ich quassel viel zu viel und schon sind die Plätze belegt.

Der Abend ist wieder voll mit tollen Menschen, mit denen ich mich austauschen kann und Experten und Macherinnen, die gerne über ihr Wissen plaudern und bereit sind, neues Wissen aufzunehmen. Quasi beiläufig lerne ich neue, tolle Menschen kennen und der Erfahrungsaustausch läuft an – und rate mal, wer wieder als letzter die Lichter ausmacht?

Viele Themen auf dem Wintertreffen: Samstag, 25. März 2023

Der Samstag beginnt für mich deshalb natürlich wieder ohne Frühstück, dafür aber mit einer Morgenrunde mit lustigen Spielen.

Im Anschluss haben wir die Wahl zwischen dem Angebot „Permanent Agriculture“ mit Hendrik Gaede und Franzi Wolpert und einem Traumkreis über die Permakultur im Jahre 2063 mit Laura Kaestele. Die Teilnehmenden Kinder haben die Möglichkeit, in Begleitung den Wald zu erkunden.

Hendrik und Franzi erzählen über die Notwendigkeit, weg von Monokultur der einjährigen Pflanzen, hin zu den Mehrjährigen und den Bäumen mit ihren Früchten. Für die, die es noch nicht wissen: Die ersten Nutzpflanzen, die die Menschen gepflanzt haben, sollen Esskastanien gewesen sein, weit vor dem Getreide.

Danach starten verschiedene Themen: Micha Fritsch stellt das Projekt „Biodiversität fördern, Jetzt!“ vor, wo er über Baumpflanzaktionen berichtet und uns zu mehr Aktionismus anregt. Zeitgleich findet „Reframing Permaculture“ Teil II statt, diesmal mit Petra Krubeck als Moderatorin.

Anschließend ist „Pop goes the canopy“ mit Jörn Müller angesagt. Beispiele, wie Waldgärten angelegt werden und die Vorteile davon sind das Thema.

Zum Schluss des Vormittags gibt Falk Gärtner einen Einblick in seine „Permakulturpraxis“. Er erzählt vom Aufbau eines Marketgarden und wie er es geschafft hat, sich mit seinem Projekt nachhaltig selbstständig zu machen, bilden den Schwerpunkt. Fotos von knackigem Gemüse sorgen bei mir für Hunger!

Und das Mittagessen ist wieder eine Wucht. Nochmals Danke an die Küche!

Der Nachmittag startet mit Permakultur und Grafikdesign (Claudia Schmies und Jen Burghoff), das sich überschneidet mit der Übung zur Soziokratie (Laura Schöneberg). Ich nehme teil am „Online Kursangebote Austausch“ mit Moni Frank, wo wir über Vor- und Nachteile von Onlinekursen reden und Methoden austauschen, wie wir unsere Kurse ansprechender gestalten können. Ich nehme viel mit und bleibe auf meinem Stuhl sitzen, denn im Anschluss hat Micha Fritsch eine Runde, in dem er uns als Lehmbauer unsere Fragen zum Lehmbau beantwortet. Ich bin gerade dabei, mein Fachwerkhaus zu sanieren und habe Micha als Lehmbauprofi gebeten, mir etwas Zeit zu widmen. Wie sich herausstellte war ich nicht der einzige Interessierte und somit wurde ein Angebot daraus. So ein Glück für mich, da ich mit neuen Ideen aus der Runde rauskam und noch Zimmermann Andi kennenlernte, der mir weitere Fragen mit Freude beantwortete. Es lebe das Wintertreffen!

Ich habe währenddessen leider das Angebot von Morgana Hack (Gesundheit und Permakultur) verpasst, habe aber von den Teilnehmenden erfahren, dass es toll war. Mein Stuhl in diesem Raum hatte keine Möglichkeit, abzukühlen, da ich mich über die Lehmbaumöglichkeiten weiter austauschte und schon der nächste Vortrag, diesmal vom René Franz mit dem Beitrag über den Krameterhof begann. Der Bericht von ihm war über die Weiterbildung im berühmten Sepp Holzerschen Krameterhof vom Sohn von Sepp Holzer mit Modulen, die Einblicke in Geologie oder Wassermanagement geben. Vielen Dank, lieber René, dass du uns einen Einblick in deine Erasmus Plus geförderte Weiterbildung gibst (Bericht vom Holzer-Lehrgang Teil 1).

Im Speisesaal fand zur gleichen Zeit Permakultur und Politik mit Ecolise durch Laura Kaestele statt. Den Schluß dieses Programmpunktes bekamen wir quasi als Vorspeise zum Abendessen mit.

Das war es dann auch schon mit den Vorträgen und Beiträgen für das diesjährige Wintertreffen. Voll beladen mit tollen Beiträgen von wunderbaren Menschen, die über ihre Erfahrungen mit uns sprachen, interessante Diskussionen zum weiterentwickeln und fortführen starteten, oder ihr Wissen mit uns teilten. Danke an euch alle!

Am letzten Abend eines Netzwerktreffens wird natürlich immer gefeiert. Diesmal extra fett! Warum? Happy Birthday Permakultur Institut zum 40. und Happy Birthday Permakultur Akademie zum 20. Geburtstag! Eingeleitet von unseren Moderatorinnen mit der Geschichte des Vereins und lustigen Anekdoten dazu.

Anschließend dazu gab es eine Versteigerung von einem ziemlich hübschen handgefertigten Hocker von Sebastian Zollitsch als Spende an den Verein. Ein zweiter Hocker ist dann beim Spiel Stuhltanz an eine der zwei hartnäckigsten Hockerschnapperinnen gegangen, die ich je gesehen habe.

Das war eine perfekte Einleitung zur Party. Tanzmäuse auf die Piste, Raucher vor die Tür und weiter mit den Permidiskussionen.

Spurlosigkeit, Dank und persönliches Fazit: Sonntag, 26. März 2023

Der Sonntag begann wie immer mit Frühstück ohne mich, dann um 9:00 Uhr Morgenrunde und das obligatorische Foto mit anschließendem „Wusch“.

Danach sammelten wir die Quintessenzen und es gab Zeit für Verabredungen untereinander. Wer sich bis jetzt noch nicht konkret vernetzt hatte, hatte nochmals die Gelegenheit dazu.

Kein Permitreffen ohne Feedback und Danksagungen, besonders an die Organisator*innen und die Küche.

Vor und nach dem Mittagsessen wurde zur Spurlosigkeit eingeladen: Alles wieder an seinen Platz, alle Spuren verwischen, den Ort so verlassen, wie wir ihn aufgefunden hatten (oder besser) – inklusive gemeinsamen Fegen und Wischen.

Was ich mitgenommen habe? Viele neue Bekanntschaften mit Adressen, die ich besuchen möchte und neue Ideen für meine Projekte.

Was mir besonders gefallen hat? Das Abwaschen in der Küche! Da war es besonders lustig und der Kaffee extra stark !

Die Heimfahrt war zu siebt in meinem Bulli, mit zwei Kastanien, einer Maulbeere und einem Feigenbäumchen im Kofferraum von Franzi und Hendrik aus ihrer Baumschule in Witzenhausen.

Schön war es und ich bin froh, dass ich dabei sein konnte und es euch gibt. Bis zum nächsten Mal!

 


Weitere Netzwerktreffen findest du immer im Kurskalender: https://www.permakultur.de/kurse/kalender

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