Wasserautark mit trinkbarem Regenwasser

Eine Anleitung zum Selbermachen


Wasserautark mit trinkbarem Regenwasser – So klar ist das auf dem Earthship gesammelte und anschließend gefilterte Wasser.

So klar ist das auf dem Earthship gesammelte und anschließend gefilterte Wasser. (Foto © Saviana Parodi)

Das Earthship auf Savianas Gartengrundstück in Umbrien (Foto © Saviana Parodi)

Das Earthship auf Saviana Parodis Gartengrundstück in Umbrien (Foto © Saviana Parodi)

Regenwasser wird über das Dach und einem Kupferrohr direkt zu den Kalksteinen und Sandfilter geleitet. (Foto © Saviana Parodi)

Regenwasser wird über das Dach direkt zu den Kalksteinen und Sandfilter geleitet. (Foto © Saviana Parodi)

Gewonnenes Trinkwasser gereinigt mit effektiven Mikroorganismen und Pflanzenkohle (Foto © Saviana Parodi)

Gewonnenes Trinkwasser gereinigt mit effektiven Mikroorganismen und Pflanzenkohle (Foto © Saviana Parodi)

Trinkwasserbehälter aus Teflon am Haus (Foto © Saviana Parodi)

Trinkwasserbehälter aus Teflon am Haus (Foto © Saviana Parodi)

Trinkwasserbehälter aus Glasfaser direkt am Haus (Foto © Saviana Parodi)

Trinkwasserbehälter aus Glasfaser direkt am Haus (Foto © Saviana Parodi)

So sieht der Wasserhahn mit trinkbarem Regenwasser im Earthship aus (Foto © Saviana Parodi)

So sieht der Wasserhahn mit trinkbarem Regenwasser im Earthship aus (Foto © Saviana Parodi)

Pflanzenkläranlage für Grauwasser mit Teich am Earthship (Foto © Saviana Parodi)

Pflanzenkläranlage für Grauwasser mit Teich am Earthship (Foto © Saviana Parodi)

Es klingt abenteuerlich und gewöhnungsbedürftig: Aus Regenwasser gewinnt Molekularbiologin und Permakultur-Designerin Saviana Parodi zu Hause und auf ihrem Gartengrundstück in Italien selbst Trinkwasser. Dabei hat sie schon einiges ausprobiert und teilt gern ihre Erfahrungen; so in einem Telefoninterview für diesen Artikel.

In einem ländlichen Umfeld in Italien mit viel Kontakt zur Natur aufgewachsen, lernte Saviana von klein auf den Sinn fürs Praktische sowie einfache Lösungen zu schätzen. Eine gesunde Portion Neugier brachte sie dazu, an verschiedenen Orten auf der Welt zu leben und sich mit vielen Bereichen des menschlichen Lebens zu beschäftigen. Mit der Zeit erschien es ihr immer absurder, wie wir unser Zusammenleben im städtischen Umfeld organisieren, und das beinahe überall auf der Welt.. Wir sind das „Komplikationsbüro Mensch”, wie Saviana es nennt. Heute lebt sie wieder zwischen Umbrien und Latium in der campagna, also auf dem Land. Dort ist sie als Hobby-Samengärtnerin aktiv, betätigt sich handwerklich mit natürlichen Baumaterialien, gestaltet und unterrichtet Permakultur.

Aus Regenwasser mach Trinkwasser

Ganz im Zeichen der Besinnung auf das Wesentliche standen auch die Rahmenbedingungen des Permakultur Design Kurses, den ich vor einiger Zeit bei ihr besuchte. Abenteuerlich, bewusst ohne Strom und Wasser aus der Leitung, verbrachte ich gemeinsam mit einem Dutzend anderer Kursteilnehmender den Großteil der eineinhalb Kurswochen auf Savianas Gartengrundstück in der Nähe von Bolsena in Italien.

Auf dem verzinkten Eisendach eines Earthships sammelt Saviana dort Regenwasser. Über geschlungene Wege leitet sie das Wasser in Kupferrohren zu Steinen aus Kalziumkarbonat und einem kleinen Filter aus Sand und Wurzeln, von wo aus es in einen Behälter gelangt, der mit der traditionell in Italien genutzten Mörtelmasse „cocciopesto“ aus Kalk, Sand und Ziegelmehl verputzt ist. Von dort fließt es ohne Motorpumpe und nur mit Hilfe von Druck und Schwerkraft aus zwei Wasserhähnen.

“Regenwasser ist biologisch gesehen trinkbar, wenn wir es auf einem relativ sauberen Dach sammeln. Sauber im Sinne von durch Sonne und Wind gereinigt. Das Material des Dachs ist dabei ausschlaggebend: ungiftig und ohne Plastik. Leichte Rückstände von Schwermetallen setzen sich am Boden des Behälters ab oder können mit natürlichen Hilfsmitteln gebunden werden“, so die Mikrobiologin. Ein Labortest vor einigen Jahren bestätigte Savianas Einschätzung, was das von ihr auf dem Earthship gesammelte Wasser betrifft: biologisch rein, mit einer unbedenklichen, geringen Dosis an Schwermetallen. In der Nähe von Industriegebieten können heute Niederschläge relativ stark mit Schwermetallen belastet sein. Möchte man hier Regenwasser als Trinkwasser verwenden, rät Saviana, das Wasser die ersten sechs bis acht Monate nicht zu trinken und es auf jeden Fall analysieren zu lassen. „Anfangs ist das System langsam und braucht Zeit, um die Metalle zu absorbieren. Algen und Mikroorganismen können Schwermetalle und Feinstaub binden. Dazu braucht es allerdings eine große Anzahl an Algen und Mikroorganismen in gutem Zustand. Sie mögen es nicht zu heiß und nicht zu kalt und benötigen eine große Randzone. Sand und Pflanzenkohle blockieren ebenfalls bis zu einem gewissen Grad Staub, es kommt darauf an, wie stark die Luft verschmutzt ist.“

Saviana hat dieses System an verschiedenen Orten auf der Welt ausprobiert und immer weiter verbessert. Zu Hause sammelt sie beispielsweise das Regenwasser auf einem Ziegeldach und leitet es durch einen Filter aus Sand und Pflanzenkohle, aus dem sie und ihre Familie organisches Material wie Laub entfernen. Mit dem für Lebensmittel geeigneten Teflonbehälter, in dem sie das Wasser auffangen, ist Saviana allerdings nicht zufrieden. „Es hat zwei Jahre gedauert, den Plastikgeschmack loszuwerden“, kommentiert sie. „Außerdem können die Mikroorganismen, die das Wasser trinkbar machen, nicht an den Behälterwänden wachsen.“ Deshalb haben sie Flusssteine im Behälter versenkt, sodass jetzt Algen darin wachsen und die Schwermetalle binden. Damit die Algen Licht erhalten, ist der Behälter oben nur mit einem lichtdurchlässigen Sieb verschlossen. Das Wasser entnehmen sie auf 40 Zentimeter Höhe über dem Boden.

Generell empfiehlt Saviana, Wasserbehälter aus Materialien zu verwenden, die für die Aufbewahrung von Lebensmitteln geeignet sind, wie Ton, Kalk, Edelstahl und Glasfaser. Diese Behälter stellt man an einem schattigen Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung auf. Als Filter rät sie zu effektiven Mikroorganismen, Aktivkohle, Inversionsfiltern und reinem Sand.

Besonderen Wert legt Saviana auf die Kleinstlebewesen. Trinkwasser ist für sie nicht nur Wasser, das keine biologischen oder chemischen Substanzen enthält, die nicht zum Verzehr geeignet sind. Da Mikroorganismen bis zu sechs Prozent unseres Körpergewichts ausmachen, gilt es diese Mikrobiota auch beim Trinken zu berücksichtigen. Unsere Mikrobiota, die vor allem in Lunge und Darm lebt, arbeitet für uns, wenn wir sie mit einer gesunden Ernährung pflegen und ihre Arbeit nicht durch Medikamente und Einfachzucker behindern.

Vielleicht ist die mikrobiotische Struktur des Wassers der Grund, warum wir uns besonders erfrischt fühlen, wenn wir frisches Quellwasser trinken oder warum uns gechlortes Wasser eher müde macht? Saviana geht noch einen Schritt weiter: Sie plädiert dafür, keine Pumpen zu nutzen, um so die Kristallform des Wassers beizubehalten und damit lebendiges, dynamisches Wasser zu trinken.

Wie viel Trinkwasser brauchen wir?

Unsere Gewohnheiten in Frage zu stellen, kann kniffliger sein, als uns mit Trinkwasser selbst zu versorgen. Wir in unserer westlichen Gesellschaft trinken sehr viel mehr Wasser als Menschen in anderen Teilen der Welt. Zugleich ernähren wir uns mit industriell gefertigten Lebensmitteln, denen sehr viel Salz zugesetzt wird, und selten mit fermentierten Speisen. Stellen wir unsere Ernährung um, brauchen wir weniger Wasser zum Trinken. Nähmen wir vor allem große Mengen an Wasser mit geringem Mineraliengehalt zu uns, könne das unserem Organismus sogar schaden, weil viele nützliche Mineralien aus unserem Körper geschwemmt würden, erläutert Saviana. In anderen Kulturen wird Flüssigkeit oft über das Essen aufgenommen oder außerhalb der Mahlzeiten in Form von Tee getrunken. Die Mineralienkonzentration ist dabei quasi auf dem gleichen Niveau wie im Blut.

Dieses Prinzip lässt sich auch im Wasserkreislauf beobachten: Große Mengen Wasser in flüssiger Form können ein Ökosystem stark beschädigen und fruchtbaren Humus wegschwemmen. Luftfeuchtigkeit dagegen kann in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden auf der kühlen Oberfläche von Blättern kondensieren, sodass das Wasser hier für Pflanzen und Tiere verfügbar wird.

Wasserversorgung im Haushalt

Wir brauchen weniger Wasser im Haus, wenn wir unser Wasser mehrfach nutzen. Denkbar ist zum Beispiel, nach dem Duschen mit demselben Wasser Kleidung einzuweichen und es anschließend für die Toilettenspülung zu nutzen. Danach können wir unser Wasser in einer Pflanzenkläranlage reinigen und als Gießwasser für Pflanzen verwenden. Benötigen wir trotzdem mehr Wasser, bauen wir unser Regenwasser-Sammelsystem aus. Orientieren wir uns dabei am Wald: Wenn es regnet, speichert organisches Material einen Teil des Wassers. Regnet es nicht, schließen die Pflanzen ihre Stomata und lassen weniger Wasser verdunsten. So pendeln Verfügbarkeit und Verbrauch von Wasser stetig um ein Gleichgewicht, ohne dass es extreme Ausschläge in die eine oder andere Richtung gibt, die für das System gefährlich würden.

Saviana und ihre Familie trinken das selbstgewonnene Wasser, waschen sich damit die Hände und verwenden es in Dusche und Küche. Auf der Toilette benötigen sie kein Wasser, denn sie haben mehrere Komposttoiletten. Im Garten kommt das Grauwasser aus Dusche und Küche ein zweites Mal zum Einsatz, nachdem es von Mikroorganismen gereinigt wurde. Mit Biorollos und durch deren Kapillarwirkung wird es im Gelände verteilt.

Biorollo, das: kommt aus Spanien und wurde speziell für trockene Gelände entwickelt, um Wasser zu verteilen und Erosion zu stoppen. Dabei werden längliche Materialien wie Äste, Zweige oder Ranken gebündelt und mit einem Tuch und/oder Schnur fest umwickelt, sodass eine fortlaufende Rolle entsteht. Diese wird in einen Graben, der entlang der Höhenlinien im Gelände verläuft, gelegt und mit Erde bedeckt. So kann sich (Regen-)Wasser unterirdisch verteilen, ohne zu verdunsten oder abzufließen.

Richtig spannend während des Kurses war es, mit bewusst wenig Wasser auszukommen. Wie verbrauche ich beim Abwaschen möglichst wenig Wasser? Kann ich dieses T-Shirt ein weiteres Mal tragen, wenn ich es lüfte, oder muss es wirklich gewaschen werden? Nach wie vielen Tagen ist Haarewaschen angesagt? Die Umstellung fand dabei hauptsächlich im Kopf statt. Um beim Abwaschen Wasser zu sparen, haben wir Teller und Pfannen zuerst trocken mit Kaffeesatz, der einen Teil des Fetts aufsaugt, vorgesäubert. Die Körperpflege haben wir mit Katzenwäsche betrieben und sind in den See gesprungen. Nach der ersten Kurshälfte und am Ende des Kurses hatten wir die Möglichkeit, bei Saviana zu Hause auf der Zebrafarm zu duschen. Eine Wonne!

 


Saviana Parodi lebt in Italien und Argentinien und beteiligt sich immer wieder an Projekten rund um den Globus. Als Permakultur-Dozentin geht es ihr darum, gesunden Menschenverstand bei unseren Entscheidungen im Leben zu vermitteln. Mehr über Savianas Wassermanagement in ihrem Buch "Manuale di Permacultura integrale", erschienen 2020 bei Terra Nuova Edizioni. Kontakt: saviana.saviana@gmail.com, https://zebrafarm.blogspot.com/.

 

 

 

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