Reiseziele mit Permakultur

Das Wochenende oder eine längere Urlaubszeit stehen als Chance für einen Tapetenwechsel vor der Tür. Von der Stadt raus aufs Land. Oder auch gern mal umgekehrt. Reisen kann den Horizont erweitern und die Welt enger zusammenwachsen lassen. Aber muss man dafür wirklich in die Ferne schweifen? In den vergangenen zwanzig Jahren wurden Ausflüge in andere Länder immer erschwinglicher und das Flugzeug so normal wie der Bus in die nächste Stadt, trotz ökologisch kaum vertretbarem Fussabdruck. Mit knapp 1,5 Milliarden internationalen Reiseankünften sei der weltweite Tourismus 2019 statistisch so hoch wie nie zuvor gewesen, schreibt Julia Maria Blesin in ihrem Ratgeber Green Travelling.


Auf der Schweibenalp in der Schweiz.

Krise als Chance

Und dann kam Corona. 2020 und 2021 hatten wir alle gezwungenermassen Zeit, unser Mobilitätsverhalten zu überdenken. Man kann das als Problem betrachten, weil es nicht mehr so ist wie früher. Oder aber als Chance sehen, damit es nicht mehr so wird wie früher. Denn der ökologische und soziale Preis für die Reisefreiheit privilegierter Gesellschaftsschichten ist bekannt. Reisen ist laut einer Studie der Universität Sydney inzwischen für etwa acht Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Dazu kommen Umweltschäden in den Urlaubsregionen, zum Beispiel durch erhöhtes Abfallaufkommen, die Zerstörung von Lebensräumen für den Bau von Ferienanlagen und einen erhöhten Trinkwasser- und Energieverbrauch. Die Anwesenheit von Reisenden hinterlässt viele Spuren und schafft zwar Arbeitsplätze, aber eben auch Abhängigkeiten. In einigen Regionen der Erde macht der Tourismus einen Grossteil des Bruttoinlandsproduktes aus und viele Existenzen sind durch den pandemiebedingten ausbleibenden Reiseverkehr bedroht. In Zukunft werden sicherlich global zwei Fragen zu beantworten sein: Wie können Regionen wirtschaftlich wieder resilienter und unabhängiger von globalen Vernetzungen werden? Und wie lassen sich Reisen zukünftig gestalten, damit neue Horizonte erreichbar sind, aber möglichst wenig Schaden entsteht?

Von nachhaltig zu regenerativ

Eine mögliche Antwort auf die zweite Frage möchten zertifizierte Biohotels, der CO2-Ausgleich für Flugkilometer, E-Bike-Tourismus und viele weitere grüne Strategien sein. Nachhaltiges Reisen als Ökoversprechen könnte man bösartig auch als Greenwashing oder Pflaster fürs Gewissen bezeichnen.

Aber verbraucht das Reisen zwangsläufig mehr Energie und Ressourcen, als es schaffen kann? Wäre es nicht auch möglich, die Welt dabei sogar ein wenig besser zu hinterlassen, als man sie vorgefunden hat? Eine Art regeneratives Reisen sozusagen?

„Didier und sein Sohn waren eine Woche bei uns in Kettewitz“, erzählt beispielsweise Ulrike Meißner von ihrem Permakulturprojekt in Sachsen. „Sie haben das Landleben genossen, sich über die Tiere gefreut, ein Hühnerhäuschen gebaut, und der Junge hat mit Begeisterung Brombeeren verschnitten – yeah, großartig, das musste ich dann das restliche Jahr über nicht mehr machen!“ Eine Auszeit kann man also zum Beispiel mit klimafreundlich nahegelegenen Zielen verbinden, dabei aktiv lokale Projekte unterstützen und viele neue Erfahrungen und Fähigkeiten mit nach Hause nehmen. Hier stellen wir Euch einige permakulturelle Projekte vor, die Euch gerne beherbergen und sich über Eure Mithilfe freuen.


Eschenhof Kettewitz

Wo: D-01665 Klipphausen OT Kettewitz, zwischen Dresden und Meißen

Das gibt’s zu tun: privater Teil-Selbstversorgerhof mit Tierhaltung, Gemüsegarten und großem Gelände – Pflegearbeiten, Holzmachen, Bauprojekte

Und sonst: Führungen und Beratung

Unterkunft: nur in der warmen Jahreszeit, einfache Zimmer im Haus oder Zelt

Kontakt: Ulrike Meißner, ulrike.meissner@permakultur.de


Permakulturpark am Lebensgarten Steyerberg

Wo: D-31595 Steyerberg, Ökodorf in Niedersachsen

Das gibt’s zu tun: Praktika und Mitarbeit in der Solidarischen Landwirtschaft, Einsatzstelle für Bundesfreiwillige, Terra-Preta-Herstellung.

Und sonst: Kurse und Workshops

Unterkunft: auf Anfrage im Ökodorf Lebensgarten Steyerberg im Gästehaus oder in privaten Zimmern möglich

Kontakt:www.permakulturpark.de, info@permakulturpark.de


Alpine Permakultur Schweibenalp

Wo: CH-3855 Brienz, 1100 m über dem Meer, Nordhang

Das gibt’s zu tun: Mitarbeit in den Kräuter-, Stauden-, Gemüse-, Saatgut- und Pilzgärten, der Imkerei sowie in Wasser- und Wildniszonen

Und sonst: Gartenführungen, Permakultur Design Kurse, Einführungs- und Vertiefungskurse

Unterkunft: Gästehaus

Kontakt: www.alpine-permakultur.ch, info@alpine-permakultur.ch


Garten Der Vielfalt, Schloss Glarisegg

Wo: CH-8266 Steckborn, direkt am Ufer des Bodensees

Das gibt’s zu tun: vierwöchige Mitarbeit als working guest oder einjähriges Volontariat im 4.000 Quadratmeter großen Gemeinschaftsgarten, Enten- und Hühnerpflege, Pilze, Gemüse, Obst, Kräuter

Und sonst: „Gartenmorgen zum Mitschaffen“ für lokal Ansässige, Kursprogramm

Unterkunft: Gästehaus

Kontakt: www.permakultur-bodensee.ch, permakultur-bodensee@gmx.ch


Lern- und Demonstrationshof Permakultur Auenhof

Wo: CH-8714 Feldbach, am Zürichsee

Das gibt’s zu tun: landwirtschaftliche Tätigkeiten wie Ziegenpflege, Enten- und Hühnerställe säubern, Wiesen heuen, Zäune erstellen, Gemüse, Kräuter, Obst, Pilze, Kompostieren, tage- oder monatsweise Mithilfe bei Aufbau und Pflege des Waldgarten- und Agroforstsystems möglich

Und sonst: Permakultur Design Kurse, Einführungs- und Vertiefungskurse

Unterkunft: im Heu, Zelt, Bus oder unter freiem Himmel

Kontakt: www.down-to-earth.ch, www.permakultur-auenhof.ch


Hof zu den 7 Zwetschken

Wo:  A-2731 Gerasdorf am Steinfeld, Niederösterreich

Das gibt’s zu tun: Alles rund um die Selbstversorgung, vom Ziegenmelken, Käse machen, Gemüseanbau, Wildkräuter sammeln, aber auch Imkerei, Versorgen der Kaninchen, Kamerunschafe, Hühner und Laufenten sowie Schnapsbrennen

Und sonst: Wwoof-Betrieb, Käse- oder Kräuterkurse, Montessori-Kinderhaus

Unterkunft: für Einzelpersonen im familiären Rahmen gegeben

Kontakt: www.7zwetschkenhof.at, mail@7zwetschkenhof.at


Frei-Hof

Wo: A-3910 Zwettl

Das gibt’s zu tun: Mithilfe beim Anbau und Verarbeiten von Kräutern, Obst und Gemüse

Und sonst: Schaugarten, Führungen, Kursprogramm

Unterkunft: in einem der beiden Wohnwaggons im Kräutergarten

Kontakt: www.sonnentor.com/de-at/besuchen/angebote


Weitere Reiseziele auf unserer Landkarte mit Permakultur Praxisorten, unter www.eurotopia.de oder auf www.wwoof.net


Buchtipp: Über den Tellerrand braucht es keine Fernreise

Der Weg ist das Ziel, so die Überzeugung der Nachhaltigkeitsbloggerin Julia-Maria Blesin. Wie ihr besonders ressourcenschonend zu den hier vorgestellten Projekten kommen könnt, erklärt sie in ihrem Ratgeber. Dabei zeigt die Autorin auf, dass die Reise mit einem Campingbus bei nicht voller Auslastung überraschenderweise pro Person höher ins CO2‑Gewicht fällt als die Anreise mit dem Flugzeug. Doch damit Nachhaltigkeit nicht zu einer dogmatischen Liste von Verboten und Verzichten verkommt, liefert sie jede Menge Beispiele und Praxistipps für die Planung von Reiseabenteuern, ob zu Fuss, auf dem Rad, mit der Bahn oder eben doch im eigenen Van. Wer dabei die Auswirkungen der eigenen Reiseplanung herausfinden möchte, dem empfiehlt sie den Fussabdruck-Rechner der Technischen Universität Graz.

Green travelling. Einfach nachhaltig reisen. Urlaubsziele & Planung von A bis Z , Julia-Maria Blesin, oekom Verlag, 192 Seiten. ISBN: 978-3-96238-283-4.

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