Kräuter- und Versuchsgarten mit permakulturellen Aspekten in Kolitzheim

Meine Fragen zur Anschaffung eines Grundstücks: Welches Grundstück wähle ich? Will ich mich zum großen Teil selbst versorgen oder will ich Biotope schaffen? Will ich diesen Garten lange bewirtschaften?


Gartenvorstellung: Ein Kräuter- und Versuchsgarten in Kolitzheim (Foto © Ökobuch)

Gartenvorstellung: Ein Kräuter- und Versuchsgarten in Kolitzheim (Foto © Ökobuch)

Tomaten auf Schafwolle oder Tomaten auf Heu (Foto © Ökobuch)

Tomaten auf Schafwolle oder Tomaten auf Heu (Foto © Ökobuch)

Der Vorgarten im Jahr 2013 mit Blumen, Gehölzen und Nutzpflanzen (Foto © Ökobuch)

Der Vorgarten im Jahr 2013 mit Blumen, Gehölzen und Nutzpflanzen (Foto © Ökobuch)

Hochbeete aus Estrichmatten (Baustahlmatten) und Gartenvlies für Salat, Tomaten usw. (Foto © Ökobuch)

Hochbeete aus Estrichmatten (Baustahlmatten) und Gartenvlies für Salat, Tomaten usw. (Foto © Ökobuch)

Der Kartoffelturm: statt Gartenvlies wurde ein altes Betttuch um die Estrichmatte gespannt. (Foto © Ökobuch)

Der Kartoffelturm: statt Gartenvlies wurde ein altes Betttuch um die Estrichmatte gespannt. (Foto © Ökobuch)

Permakultur im Hausgarten in Kolitzheim: Das Hügelbeet (Foto © Ökobuch)

Permakultur im Hausgarten in Kolitzheim: Das Hügelbeet (Foto © Ökobuch)

Als Erdbeerbeet geplant, wandelt sich dieses Beet auch zum Kräuterbeet um. (Foto © Ökobuch)

Als Erdbeerbeet geplant, wandelt sich dieses Beet auch zum Kräuterbeet um. (Foto © Ökobuch)

(aus dem Buch »Permakultur im Hausgarten«)

Permakultur-Kräutergarten – ein Überblick

Standort und Lage: Kolitzheim liegt in der Region Main-Rhön, zwischen Volkach und Schweinfurt. Das Dorf liegt an der Mainschleife, der größten Flussmäanderlandschaft in Bayern. Die Region ist geprägt von steilen Prallhängen und flachen Gleithängen, die besonders gut für den Weinbau genutzt werden können. Das Gebiet ist eher regenarm mit einem Niederschlag von ca. 300 mm im Jahr (fränkische Trockenplatte). Die Bodenbeschaffenheit im Garten ist vielfältig. Muschelkalk, Keuper (bunte, bröckelige Tongesteine), Lösslehm und Sand
Gesamtgröße des Gartens: 300 m2
Bewirtschaftet von: Ute Solf
Kern-Elemente der Anlage: Mehrere einfache Hochbeete, Kräuterbeete und essbare Stauden, als Sonnenfalle angelegtes Hügelbeet mit Gartenteich (dient als Biotop und Klimaausgleich), Versuchsbeete mit Tomaten
Idee und Leitgedanke bei der Gartengestaltung: Die bereits bestehenden Elemente des Gartens erhalten und neue Elemente (siehe Kernelemente) mit geringen Mitteln hinzufügen, um eine möglichst intensive Nutzung zu erreichen.
Aufwand für Gestaltung und Erhalt: Gering: Das Anlegen kostete ca. 10 Stunden Zeit pro Woche, verteilt auf den ersten Sommer, seitdem liegt der Pflegeaufwand bei ca. 3 - 4 Stunden pro Woche, übers Jahr verteilt (ohne Ernte und Verarbeitung).


Im März des Jahres 2010 zogen mein Mann und ich in das Haus in Kolitzheim mit einem kleinen Hausgarten, der rund um das Haus angelegt ist. Der Garten ist viel kleiner als alle Grundstücke, die ich vorher bewirtschaftet hatte: von 3.000 m2 auf 1.500 m2 und nun auf 300 m2. Das ergab sich so und daher suchte ich zunächst nach weiteren Garten-Grundstücken in der Nähe. Die gibt es hier für geringe Pacht, aber leider sprengte das meinen zeitlichen Rahmen. Schließlich kam ich zur Einsicht, dass es ganz wunderbar ist, lediglich unseren Garten am Wohnhaus zu bearbeiten. Alles, was ich angelegt habe, kann ich von meiner Terrasse aus oder bei schlechtem Wetter vom Fenster aus beobachten. Jedes Zeitfenster, manchmal nur eine halbe Stunde, kann ich optimal nutzen – Zeit, die ich als Erholung von der Büroarbeit genieße. Auch auf sehr kleinen Flächen gibt es vieles zu beobachten und zu erforschen. Also wurde mein kleiner Garten ein ständiges Versuchsfeld, ein kleines Kreislaufsystem, das aufgrund seiner bescheidenen Größe keinen Input von außen benötigte, insbesondere keine tierischen Dünger, wobei ich aber auch nur einen kleinen Teil meines Bedarfs an Gemüse produziere.

Mulchmaterialien bekomme ich durch den Ast- und Staudenhäcksel, der jedes Jahr anfällt, und manchmal auch aus der direkten Umgebung, wenn bei den Nachbarn Holzsägearbeiten anstehen. Hinzu kommen Heu von den Wegrändern der Felder und Laub von den Obstbäumen der Nachbarn. Hier im Garten gibt es nur eine junge Kirsche, einen Weinbergpfirsich und daneben verschiedene Beerensträucher, von Johannisbeeren bis zu Holunder. Das ist nicht viel, da ich aus Wildpflanzen und Wildbeeren verschiedene Erzeugnisse für den Eigenbedarf und für Kurse herstelle, und auch aus alten Obstsorten, um die Verarbeitung dieser vergessenen Lebensmittel wieder anzuregen. Dabei habe ich gelernt, die Nachbarn zu fragen, ob sie ihre Bäume und Sträucher tatsächlich beernten. Oft bin ich auf offene Ohren gestoßen und kann Vieles ernten, das in der Umgebung wächst und nicht direkt in meinem Garten.

Nutzt man Wildkräuter, -gemüse und -beeren und diese wiederum in verschiedenen Lebenszyklen, von der Knospe bis zur Frucht, ist man auch mit einem kleinen Garten gut beschäftigt. Alle „Unkräuter“ sind gleichzeitig auch Heil- oder Nahrungsmittel und jeder Abfall aus dem Garten wird von Kleintieren, Insekten oder den Bodenlebewesen verwertet. Auch in Zeiten, als mich die Büroarbeit mehr in Anspruch nahm, war der Zeitaufwand in dem kleinen Garten so gering, dass ich mich endlich der Kompostwirtschaft widmen konnte. Betreibt man einen Kompost richtig, muss er mindestens zweimal im Jahr umgesetzt werden. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass eine reife Komposterde ein wunderbarer Dünger und „Ankurbler“ ist. Auch mit der Bokashi-Kompostierung habe ich einige Versuche gemacht. Doch außer unter dem Mulch passt das Endprodukt für meinen Garten weniger. Da das Verfahren nicht den gewünschten Effekt erzielt hat, habe ich es wieder aufgegeben. Wurmkompost hatte ich in diesem Garten noch nicht, da ich nicht genug organisches Material habe, um diesen noch zusätzlich herzustellen. Er wäre gut zur Anzucht geeignet, die ich aber in den letzten Jahren nicht mehr selbst betrieben habe. Ich entnehme nunmehr meinem Garten überschüssige Kräuterpflanzen und tausche diese auf Pflanzentauschbörsen oder im Tauschring gegen Gemüsepflanzen. Direkt säe ich verschiedene Spinatsorten und Wurzelgemüse, die auf dem sandigen Boden im hinteren Teil des Gartens gut wachsen.

Besonders gute Erfahrungen

Mit den Tomaten auf Heu habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht: Tomatenpflanze direkt mit etwas Kompost in den Heuballen gesetzt, einmal angegossen und dann musste nicht mehr gegossen werden. Wenn man eine Strauchtomate wählt, spart man sich auch noch das Ausgeizen. Außerdem habe ich Tomaten in Schafwolle unter eine frisch gepflanzte Kirsche gesetzt, zur Vorbereitung für eine Obstbaumlebensgemeinschaft (siehe „Gärtnern im Biotop mit Mensch“ von Kleber und Kleber) Die Tomaten sind sehr gut gediehen, und auch die Kirsche ist sehr gesund herangewachsen. Auch hatte ich keinen Schädlingsbefall durch die Gespinstmotte, die im Jahr der Pflanzung fast alle Kirsch- und Pflaumenbäume der Umgebung befallen hatte. Nach dem ersten Jahr sollte man entweder kein Gemüse mehr in die Schafwolle pflanzen oder diese entfernen und kompostieren, da sie dann schimmelt. Jetzt wachsen unter der Kirsche, die nun 5 Jahre alt ist, verschiedene Kräuter und auch wieder Gemüse. Der Boden darunter ist lehmig und durch die Auswaschungen und zersetzten Teile der Schafwolle gut gedüngt. Im ersten Jahr nach dem Entfernen der Wolle konnte ich riesigen Broccoli und Blumenkohl sehr früh im Jahr ernten. Diesen hatte ich schon Mitte März gepflanzt und mit Gartenvlies abgedeckt.

Besonders gute Erfahrung habe ich auch mit dem neu angelegten Gartenteich und der Sonnenfalle als Hügelbeet gemacht. In dieser Kombination entsteht ein wunderbares Kleinklima, das die Staudengemeinschaften wachsen und gedeihen lässt. Im dritten Jahr sind sukzessive Wildsträucher dazu gekommen, von denen ich einige ausgraben musste und nur wenige stehen lassen konnte, da die Fläche zu klein ist. Der vordere Gartenteil ist somit zu einem „Vogelparadies“ geworden. Zum einen sind dort genügend Brutmöglichkeiten und Verstecke vorhanden (auch durch zusätzliche Nistkästen), zum anderen mangelt es durch den kleinen Teich im Sommer nicht an Wasser, und im Winter dienen die Beeren als Nahrung, ergänzt durch eine Winterfütterung mit Körnern. Auch mit sehr einfach herzustellenden Hochbeeten habe ich gute Erfahrungen gemacht. Hierbei wird eine Estrich- oder Baustahlmatte gerollt und an den Enden mit dickem Draht verbunden. Anschließend wird diese von innen mit Stofflaken oder Gartenvlies ausgekleidet und auch dieses mit Draht befestigt. Nach dem Aufstellen kann das runde Konstrukt sofort befüllt werden, genau wie bei klassischen Hochbeeten. Man bringt auch hier viel Restmaterialien unter, muss aber die Äste wegen des geringen Durchmessers teilweise kürzen bzw. zerkleinern. Diese Hochbeete sind leicht zu versetzten, deshalb müssen sie auch nicht ewig halten. Falls sie doch länger an einem Platz stehen bleiben sollen, ist es ratsam, UV-stabiles Vlies oder gar eine dicke HDPE-Folie zu verwenden.

Weniger gute Erfahrungen mit Lerneffekt

Bei den einfachen Hochbeeten sollte man kein normales Gartenvlies verwenden, das sehr dünn ist, es sei denn, der Hersteller sichert für ein besonderes Produkt eine lange Haltbarkeit zu. Besser erscheint es mir, gleich Jute oder Schilf einzusetzen und dieses außen zu befestigen. Das hält auch nicht ewig, ist aber günstig und biologisch abbaubar. Ansonsten habe ich wenig schlechte Erfahrungen gemacht, da alles mit geringem Aufwand erstellt wurde und der Garten weniger zur Selbstversorgung dient, sondern eher zur Nahrungsergänzung durch selbständig wachsende Wildkräuter, Beerenobst und einige essbare Stauden. Ein zweiter Aspekt des Gartens sind die eigenen Versuche, z.B. wie Tomaten auf Schafswolle und anderen Mulchmaterialien wachsen, oder die Kompostoptimierung. Hier hege ich keine großen Erwartungen, sondern bin eher an Beobachtungen interessiert.

Fazit der bisherigen Zeit

Erreiche mit geringstmöglichem Aufwand den größten Effekt! Für mich war in den letzten Jahren die Zeit ein großer Faktor, da meine Bürotätigkeit zugenommen hat. Außerdem musste ich feststellen, dass meine Kräfte nachlassen, insbesondere die Kraft, viel Erde zu bewegen. Das hält dazu an, vor dem Tun erst einmal nachzudenken. So nutze ich auch die Bestände, die da sind – insbesondere im Hinblick auf die Bodenzusammensetzung. Es ist schwer, den Boden zu verändern, und deshalb nutze ich ihn, wie er beschaffen ist. Die Sandböden im hinteren Teil meines Gartens sind wunderbar für Wurzelgemüse. Im vorderen Teil wachsen bei mir im Garten durch den lehmigen Boden alle Kohlarten sehr gut. Außerdem ist es interessant, verschiedene Bodenarten auf so kleiner Fläche zu haben und zu bewirtschaften.

Meine Fragen zur Anschaffung eines Grundstücks

  • Welches Grundstück wähle ich?
  • Will ich mich zum großen Teil selbst versorgen oder will ich Biotope schaffen? Man kann beides gut verknüpfen, wenn man am Anfang nicht zu große Erwartungen an die Ernte stellt.
  • Wie groß soll das Grundstück sein? Zu Beginn ist es vielleicht gut, erst einmal eine kleine Fläche zu bewirtschaften.
  • Wie viel Zeit will und kann ich investieren? In jahrelanger Pflege kann man auch aus extremen Böden gutes Gartenland machen, aber das dauert.
  • Will ich diesen Garten lange bewirtschaften? Dann lohnt sich viel Input. Flexibler ist es, einen Schrebergarten zu mieten, der vorher schon bewirtschaftet wurde und bereits die Eigenschaften aufweist, die ich benötige.
  • Welche Brachflächen wandle ich in Beete und welche in Biotope um?

Lässt man die Brache bestehen, entsteht auch von selbst ein Biotop, das je nach Bedarf nutzbar ist. Beispielsweise wachsen auf Brachland viele heimische Superfood-Wildkräuter, die den Boden schnell bedecken, wie Hirtentäschel, Vogelmiere und Co. Im Laufe der Zeit kommt es zu einer Verbuschung durch Vogelkot, wodurch wieder heimisches Superfood produziert wird, wie Holunder, Schlehen, Weißdorn, Hagebutten. In manchen Gegenden wächst auch der Sanddorn sehr gut. Beete wiederum werden am sinnvollsten übersichtlich angelegt, damit man gute Erfahrungswerte über Pflanz-, Wachstums- und Erntezeitpunkt sammeln kann.

Superfood-Kräuter am Beispiel Brennnessel:
Brennnessel schmeckt als Spinat auch Kindern und ist als Frühjahrskur ideal zur Gallen-, Leber und Blutreinigung, sie dient zur Befreiung von Schlacken, die sich im Winter im Organismus in Darm und Blut festsetzen. In Brennnesseln steckt je nach Art 2 - 4x mehr Eisen als im Rindersteak (gleiche Menge) und doppelt so viel wie in Spinat, außerdem Calcium (6x mehr als in Milch), Vitamin C (300mg/100g – das entspricht dem Zehnfachen von Spinat), Vitamin A, Kalium, Magnesium und Natrium. Die Brennnessel liefert außerdem Eiweiß – 7 g/100 g.

Superbeeren am Beispiel Sanddorn und Holunder:
Als Muttersaftgemisch ohne Zucker mit Wasser ergänzt sind sie ein echter Geheimtipp zur Vorbeugung gegen Grippe im Winter. Die Beeren halten entsaftet und luftdicht verschlossen auch ohne Zucker bei dunkler Lagerung sehr gut.

  • Sanddorn: Hauptinhaltsstoff ist Vitamin C. In keiner heimischen Beere ist vergleichbar viel Vitamin C, deshalb gilt Sanddorn zu Recht als regionales Superfood. Die Beere enthält viel Vitamin E und gilt als eine der wenigen pflanzlichen Quellen für Vitamin B12. Sanddorn enthält außerdem die Spurenelemente Eisen, Kalzium, Mangan und Magnesium.
  • Holunderbeerensaft: Holunderbeeren werden traditionell bei Erkältungen und Grippe eingesetzt. Inzwischen ist auch durch Studien erwiesen, dass sie wirksam gegen Grippeviren sind: Sie erleichtern die Symptome und verkürzen die Krankheitsdauer. Holunderbeeren weisen ebenfalls Herz und Kreislauf schützende Eigenschaften auf. Ihr Anthocyan-Gehalt ist genauso hoch wie bei nicht heimischen Superfoods wie Acai, der dunkle Pflanzenfarbstoff wirkt antioxidativ, d.h., er schützt die Körperzellen vor freien Radikalen. Es kann sich also durchaus für Gesundheit und Geldbeutel sehr lohnen, einigen essbaren Wildpflanzen („Unkräuter“) im Garten Raum zu geben oder die nähere Umgebung nach solchen abzusuchen und zu beernten.

 


Dieser Beitrag ist aus dem Buch »Permakultur im Hausgarten« und wurde uns freundlicherweise vom Ökobuch Verlag zur Verfügung gestellt.

Jonas Gampe: Permakultur im Hausgarten – Handbuch zur Planung und Gestaltung, Ökobuch, 2016, 144 Seiten

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