Holzer‘sche Permakultur und Führung über den Krameterhof

(Bericht vom Holzer-Lehrgang Teil 1)

René Franz berichtet uns in dieser Artikelserie über seine Erfahrungen mit dem Lehrgang zum/ zur Holzer Permakultur Praktiker*in und teilt sein neu erlerntes Wissen mit uns.


Durch eine Förderung des Permakultur Institut e.V. über das Förderprogramm ERASMUS+ der Europäischen Union, habe ich das Glück an einem einjährigen Lehrgang zum Holzer-Praktiker teilnehmen zu dürfen. Um weitere Permakultur-Interessierte in und um das Permakultur Insitut daran teilhaben zu lassen, möchte ich in einer Artikelserie über die Seminare berichten und das eine oder andere Häppchen Wissen an euch weitergeben.

Zunächst ein paar Informationen zum Lehrgang: Der Lehrgang erstreckt sich über insgesamt zehn jeweils viertägige Seminare und findet bis zum Frühjahr 2023 statt. Der Schwerpunkt der Seminare ist auf dem Krameterhof im Lungau (Österreich), einzelne Kurse finden auf Permakultur-Baustellen statt, andere direkt bei Kursteilnehmenden. Inhaltlich ist der Lehrgang sehr breit gefächert: Er beinhaltet sowohl Themen der Selbstversorgung durch Permakultur als auch fortgeschrittene Techniken wie zum Beispiel Erdarbeiten. Schwerpunkt des Lehrgangs ist die Praxis – alle theoretischen Inhalte sollen auch in der Praxis vermittelt und angewandt werden. Für mich, der genau hier noch ein Defizit hat, die perfekte Möglichkeit, praktische Fähigkeiten der Permakultur zu vertiefen. Um den Abschluss zu erhalten werden eine ausreichende Anwesenheit, die Erstellung eines Herbariums sowie Praxis und Referate, als auch ein eigenes Projekt vorausgesetzt.

Die Geschichte der Permakultur aus der Holzer’schen Sicht

Der Lehrgang wird von Sepp Holzer’s Sohn, Josef Andreas Holzer geleitet, der den Hof im Jahr 2009 vollständig von seinem Vater übernommen hat. In den ersten zwei Tagen des Seminars hat er uns in das Holzer’sche Verständnis der Permakultur eingeführt und auch einige interessante geschichtliche Nuancen eingeführt. Dies ist vor allem deshalb so interessant, weil Sepp Holzer und Bill Mollison an unterschiedlichen Orten der Welt eine sehr ähnliche Bewirtschaftungsweise entwickelt haben, ohne sich zu kennen. Aber der Reihe nach.

Laut Josef Holzer ist der Begriff der Permakultur schon viel älter als Bill Mollison, denn im frühen 20. Jahrhundert hat bereits F.H. King den Begriff Permanent Agriculture mit seinem Buch „Farmers of Forty Centuries; Or, Permanent Agriculture in China, Korea, and Japan“ geprägt. Schon er erkannte, dass es ein dauerhaftes Landwirtschafskonzept braucht, um die Fruchtbarkeit für die Zukunft zu erhalten. Inspirieren ließ er sich dabei, wie man dem Titel des Buchs entnehmen kann, von funktionierenden, dauerhaften, landwirtschaftlichen Systemen wie man sie damals schon in Asien finden konnte.

Nach F. H. King hat dann J. Russel Smith mit seinem Buch „Tree Crops. A Permanent Agriculture“ den Begriff weiterentwickelt und vermutlich zum ersten Mal in der westlichen Welt das Augenmerk auf agroforstwirtschaftliche Landwirtschaftssysteme gelegt. Viele dieser Ideen sind dann laut Josef in den Wirren des ersten und zweiten Weltkrieges in Europa und den USA wieder verlorengegangen. In den 40er Jahren gab es bereits erste Permakultur-Bestrebungen in Australien, da dort, so Josef, schnell viele Fehler in der Bewirtschaftungsweise gemacht wurden und sich die dortigen Landwirte umstellen mussten.

Der einigen bekannte P.A. Yeomans hat sich dann gefragt, wie man die Ideen der alten Kulturlandschaften auf neue Konzepte übertragen kann. Er ist dann, inspiriert von der Terrassenbewirtschaftung, auf das Keyline-System gekommen, bei dem durch Drainage-Gräben und konturparallele Bearbeitung die Wasser-Infiltration von Flächen erhöht und Erosion verringert wird.

Nun kommt Bill Mollison ins Spiel. Mollison hat nun all diese Vorüberlegungen und Konzepte aufgearbeitet und in ein stimmiges Gesamtkonzept verpackt und aus „Permanent“ und „Agriculture“ das neue Wort „Permaculture“ geschaffen. Zusätzlich hat er noch die menschlichen Komponenten, also die Ethik und die Siedlungsplanung hinzugefügt und dafür den Right Livelihood Award gewonnen.

Das Holzer’sche Verständnis von Permakultur

Auch wenn Sepp Holzer sich mit Bill Mollison beschäftigt hat, und daraus ein reger Austausch entstanden ist, unterscheidet sich die „Holzer’sche Schule“ ein wenig von der „australischen Schule“, die vor allem in Deutschland weiter verbreitet ist.

Die drei Grundprinzipien der Holzer’schen Permakultur lauten:

  1. Versuchen, von der Natur zu lernen und Erkenntnisse in die Kultur übertragen (Natur führt, Technik folgt)

  2. Versuchen, so gut es geht mit Flächenbegrenzungen umzugehen

  3. Das eigene Handeln stets hinterfragen und Eigenverantwortung übernehmen

Diese Prinzipien klingen für mich logisch und schlüssig und werden auch an vielen Stellen in Mollisons Handbuch der Permakultur Gestaltung aufgegriffen. Vielleicht könnte man sagen, dass die Prioritätensetzung ein bisschen eine andere ist, aber so wie ich das sehe fügen sich diese „Holzer’schen Prinzipien“ nahtlos in die Überlegungen Mollisons ein.

So heißt es im Handbuch der Permakultur-Gestaltung auf Seite 51: „Arbeiten wir lieber mit der Natur als gegen die natürlichen Elemente […], sodass wir natürliche Entwicklungen eher unterstützen statt sie zu behindern.“ Und weiter auf Seite 52: „Information ist die entscheidende mögliche Ressource. Sie wird nur dann zur Ressource, wenn man sie beschafft und entsprechend handelt.“ Diese beiden Prinzipien in Kombination passen sehr gut zum ersten Holzer’schen Permakulturprinzip.

Und weiter auf Seite 52: „Machen Sie die kleinstmögliche Veränderung mit dem größtmöglichen Effekt.“ Ein Prinzip, dass ich sehr gut auf die Akzeptanz der Flächenbegrenzung anwenden kann.

Letztlich wieder auf Seite 51: „Die wichtigste ethische Entscheidung ist Verantwortung für unser eigenes Leben und das unserer Kinder zu übernehmen.“ Mollison geht sogar so weit dieses Prinzip als die oberste Richtlinie der Permakultur zu überschreiben. Auch diese findet sich in der Holzer’schen Permakultur wieder.

Die Geschichte des Krameterhofs

Der Krameterhof ist ein für die Region Lungau typischer Bergbauernhof, der sich von 1.100 bis 1.500 m Höhe erstreckt. Josefs Urgroßeltern haben diesen Hof 1890 erworben, nachdem das Hauptgebäude abgebrannt war und nur deshalb konnten diese sich den Hof überhaupt leisten. Damals hatte im Lungau kaum jemand Geld, da der früher vorherrschende Bergbau dort nicht mehr profitabel war.

Der Hof musste als Selbstversorgerhof geführt werden, das bedeutet, dass auf diesem Hof schon immer vielfältige Tierarten und Getreide sowie Obst und Gemüse kultiviert wurden, um eine gute Ernährung sicherzustellen. Dies war übrigens nicht nur auf dem Krameterhof so, sondern laut Josef auch auf vielen anderen Höfen im Lungau der Fall, einfach weil es nicht anders ging. Aus dieser reichen Vergangenheit haben sich er und auch Sepp Holzer inspirieren lassen – das was damals schon gut auf dem Hof funktioniert hat, kann auch heute noch mit modernerer Technik und angewandter Planung funktionieren. Sepp Holzer wollte, als er den Hof von seinen Eltern übernahm, nicht einfach alles so machen, wie es die Bauernkollegen in der Region gemacht haben. Diese haben sich nämlich auf Milch- oder Forstwirtschaft konzentriert.

Auf dem heutigen Krameterhof mit seinen 45 Hektar Größe gibt es eine vielfältige Bewirtschaftung. Auf der Fläche werden allein 30 Teiche für die Bewirtschaftung eingesetzt – weitere Teiche sind nur als Biotopflächen angelegt worden. Zusätzlich werden verschiedene Getreide und Gemüse angebaut, es werden Rinder, Schafe, Ziegen, Hühner und Schweine gehalten und auch Obstbäume gibt es auf dem Hof. Der Großteil der Produkte wird wie früher für die eigene Selbstversorgung genutzt, nur ausgewählte Produkte werden an Stammkunden weiterverkauft – darunter Krebse, Fische und Zirbelkiefernöl. Erst diese vielfältige Art der Bewirtschaftung erlaubt es dem Hof produktiv zu sein. Als Bergbauernhof ist er nämlich relativ schwer zu bewirtschaften, da es keine großen, ebenen Flächen gibt. Stattdessen sieht man viele Abschüsse, die von Erosion gefährdet sind und schwer oder gar nicht mit Ackerbau bewirtschaftet werden können. Auf solchen Flächen werden dann Tiere eingesetzt und unterhalb wurden Teiche angelegt, um Nährstoffe und abfließendes Wasser auffangen zu können. Die Flächenbegrenzung des Hofs wurde einerseits akzeptiert und andererseits trotzdem viele Maßnahmen ergriffen, um diesen Mangel auszugleichen.

Mangel wird in der Natur immer durch Vielfalt gelöst.“ – Josef Andreas Holzer

Insgesamt war das Holzer-Seminar für mich eine Bereicherung meines Erfahrungswissens und meiner Inspiration, Permakultur in die Welt zu tragen. Ich merke zwar, dass der Krameterhof eine bewirtschaftete Landwirtschaft ist; an vielen Stellen sind Landmaschinen und Werkzeuge und vieles ist im Wandel. Aber gleichzeitig ist es auch einfach eine unglaublich schöne Landwirtschaft, die natürlich durch das Lungauer Bergpanorama gewinnt. Wenn ich mir die Höfe drumherum so ansehe, sehe ich nur Wiesen und Wald – auf dem Krameterhof bietet sich mir ein ganz anderes Bild. Aquakulturen, Biotope, Insektenhäuser, eine Vielzahl von Tieren und Lebewesen ganz allgemein. Man erfährt einfach die Schönheit der Vielfalt, die eine richtige Permakultur ausmacht und das ist vielleicht eine der größten Errungenschaften des Krameterhofs.

 


Das Permakultur Institut e. V. und die Permakultur Akademie haben sich erfolgreich akkrediert für die EU-Fördermittel Erasmus+ für den Zeitraum von 2021-2027 im Bereich Erwachsenenbildung – Mobilität. Dadurch erhalten wir Erasmus+ Gelder für die Fortbildung unseres Bildungs- und sonstiges Personals, das ehrenamtlich, auf Honorarbasis oder angestellt arbeitet. Themenschwerpunkte sind die Organisationsentwicklung, Nachwuchslehrkräfte, Digitales Lernen und die Stärkung der Berufsbezeichnung Permakultur-Gestalter*in.

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