Hofübergabe – Das Spiel

Melanie Alder wollte zuerst eine landwirtschaftliche Gestaltung für den elterlichen Betrieb machen und landete mitten in einer sozialen Planung. Das ist kein Spezialfall, sondern zeigt, wo Permakultur gebraucht wird: bei sozialen Prozessen und nicht nur auf dem Acker. Mit Hilfe der 5D-Planungsmethode soll der Generationswechsel auf dem Hof gelingen.

 


von Melanie Alder

Auf dem Ausbildungsweg zur Permakulturdesignerin dokumentiere ich zehn verschiedene Projekte. Eines davon darf ich hier vorstellen. Für mein Diplomprojekt Nummer acht kreierte ich ein Spiel. In dieser Arbeit wende ich die Gestaltungswerkzeuge der Permakultur für die Planung einer landwirtschaftlichen Betriebsübergabe an, nicht für eine Landschaftsplanung in Form eines Ökosystems. Beim Betrieb handelt es sich um meinen Elternhof, der in den nächsten zweieinhalb Jahren an meinen Bruder übergeben wird.

Dieses Projekt war nicht von Anfang an in dieser Form meine Idee. Denn natürlich reizte es mich den 25-Hektar-Betrieb nach Permakulturprinzipien optimieren zu können. Als meine Fragerei nach den Wünschen an das Land aber nie richtig auf Begeisterung oder grüne Zweige bei meinen Eltern und meinem Bruder stieß, stattdessen immer wieder zum Thema des sozialen Systems und der Hofübergabe führte, dämmerte mir langsam, dass dies zuerst geklärt werden muss. Somit entstand nicht eine Planung, wie ich sie mir im vorgestellt hatte, aber doch eine, die als Diplomprojekt taugt und mir in einem neuen Bereich der Prozessbegleitung sehr lehrreich ist.

Als Ziel setze ich mir eine erfolgreiche formelle Hofübergabe in guter Stimmung, bei der die Beteiligten ihre Wünsche äussern können und gehört werden. Um dieses zu erreichen ist es notwendig, dem ganzen Prozess einen klaren Rahmen zu geben, in dem sowohl Sachliches wie auch Emotionales Platz hat. Die eigene Familie fühlt sich zudem nochmals wie eine ganz andere Klimazone an, denn hier sind die alten familiären Muster und Konditionen, sowie meine Stellung in der Familie besonders spürbar.

Im Bewusstsein all dieser Herausforderungen gestaltete ich mit Hilfe der Schritte der 5D‑Planungsmethode einen Zeitplan für die Etappe bis zur Übergabe, welcher die nötige Struktur bietet. Die einzelnen Planungsschritte möchte ich folgend kurz beschreiben.

Dream: Der Traum wird erfasst.

  • Der Hof wird von der älteren auf die jüngere Generation übergeben. In dieser Übergabe können alle Beteiligten ihre Wünsche und Visionen äussern.

  • Es werden regelmäßige (Gesprächs-)Räume geschaffen, in denen der emotionale und praktische Austausch ermöglicht wird.

  • Es werden (personelle, finanzielle, ...) Strukturen geschaffen, mit denen konkrete Wünsche sowie bestehende Defizite (Wissen, Können, Finanzen), Risiken oder Mängel aufgefangen und behoben werden können.

  • Die Übergabe findet in einer guten Stimmung statt, die Beteiligten fühlen sich wohl und gehört, Unklarheiten können im Prozess geklärt werden.

  • Nach einer erfolgreichen Übergabe wird gemeinsam das Erreichte gefeiert.

Discover: Was gibt es schon?

  • Der Gesprächsfaden ist aufgenommen und kann weitergeführt werden.

  • Mein Angebot, den Prozess zu planen und zu begleiten wurde angenommen. Sollte es bei Jemanden zu Unstimmigkeiten kommen, kann jederzeit mit dieser Begleitung aufgehört werden.

  • Mein Bruder verfügt über die nötigen Qualifikationen, um den Hof zu übernehmen.

  • Die Infrastruktur des Betriebs und die wirtschaftliche Basis bieten eine gute Grundlage für einen neuen Betriebsleiter.

Develop: Was braucht es für Strukturen?

  • Liste der Wünsche der Beteiligen – jeder darf seine Wünsche äussern und jederzeit anpassen

  • Zeitplan für die Hofübergabe – wann ist der Termin der Übergabe? Welche Themen sollten bis zu welchem Zeitpunkt diskutiert und geklärt werden?

  • Gesprächsraum

    • Entwicklung von der Vision zum Vorhaben (Formulierung konkreter Ziele)

    • emotionaler und praktischer Austausch

  • Reflexionsraum

    • Was braucht es auf dem Hof, was braucht es bei den Menschen, damit sich die Übergabe gut anfühlt.

  • Rollenbeschreibung der beteiligten Personen – welche Rolle nimmt jeder Einzelne ein? Was sind die Pflichten dieser Rolle?

    • abtretende Generation

    • übernehmende Generation

    • Coach (Welche Verantwortung, welcher Zeitaufwand)

  • Weiterbildung

    • Abtretende Generation (evtl. Neuorientierung)

    • übernehmende Generation (Behebung von Defiziten, Abholung von Inspiration)

    • Coach (Hinzuziehen von Unterstützer, Supervision)

  • Beratung

    • externe Beratungsstellen wie zum Beispiel Treuhänder, Beratung zu den Themen Subventionen, Möglichkeiten, Perspektiven, Versicherungsberater,..

  • von der übernehmenden Generation ausgearbeitetes Betriebskonzept, auf die Situation nach der Übergabe angepasst.

Design: Verknüpfung und Gestaltung

Anhand der Informationen der ersten drei Ds nimmt dieser Zeitplan die Form eines Spielbretts an. Es ähnelt einem Leiterspiel ohne Würfel, bei dem jedes Feld einen Monat respektive ein Treffen darstellt. Auf diesen Feldern gibt es verschiedene Aufgaben und Themen, die besprochen werden (z.B. Wohnrecht, Versicherungen, Kaufpreis, … Als Leitfaden dient hier ein Hofübergabedossier von Agridea) Die Töggeli (Spielfiguren, Anmerk. der Redaktion) des Spiels stellen die involvierten Menschen dar, die sich auf dem aktuellen Monat zusammenfinden. Beim Abschluss eines Zuges/Treffens darf ein Fähnchen auf dem bearbeiteten Feld platziert werden. Somit stellt der Zeitplan sicher, dass man sich monatlich am runden Tisch trifft, dass alle wichtigen Themen zur Hofübergabe Raum haben besprochen zu werden und dass ersichtlich ist, was in der Vergangenheit bereits geschafft wurde. Ich halte es offen, während der Prozessbegleitung noch Veränderungen am Spielbrett vorzunehmen.

Deliver: Präsentation und Umsetzung

Mit dem Leiterspiel und der Dokumentation von diesem ist das Diplomprojekt abgeschlossen und es folgt die Umsetzung – das Spiel kann beginnen.

Anfang August 2019 starteten wir zusammen beim ersten Feld und hatten einen erfolgreichen Austausch. Als ganze Familie fanden wir uns am runden Tisch zusammen und konnten uns alle zum Thema der Hofübergabe äussern. Der Bezug lag darauf, was im Moment gerade aktuell ist und wie die persönlichen Wünsche aussehen. In dieser „offiziellen“ Form als Familie zusammenzukommen war sehr berührend, gab einen neuen Raum und ließ uns alle frohen Mutes auf die Zukunft schauen. Genauso hielten wir es auch auf dem ersten gesteckten Fähnchen fest.

Mit dem klar definierten Ziel der Hofübergabe freue ich mich meine Familie in diesem großen Schritt die nächsten zweieinhalb Jahre zu unterstützen. Hier packen wir zwar keine Schaufeln, Hacken, Steine oder Jungpflanzen an, doch bei den regelmässigen Treffen wird es nichts desto trotz zum einen oder anderen Schweißausbruch kommen.

 


Bereits erschienen im Permakultur Magazin, Ausgabe 2020 für Vereinsmitglieder. Hier kannst du Mitglied werden und dem Permakultur Institut e.V. beitreten.

Wenn du selbst Permakultur-Planungen machen möchtest und dir noch das nötige Fachwissen fehlt, besuche doch einen Permakultur-Design-Kurs (72h-Kurs) aus unserem Kurskalender. Dieser berechtigt dich zur Teilnahme an unserer Weiterbildung zur Permakultur-Gestalter*in.

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