Hilfe, der Wald brennt

Lösungsansätze für Brandschutzgestaltung von Grundstücken


Hier hat es 2019 gebrannt: Kiefernforst bei Treuenbrietzen in Brandenburg. Dass Waldbrände unter anderem eine immense Bedrohung für menschliche Siedlungen darstellen, wurde bei der jüngsten australischen Katastrophe überdeutlich. Vielerorts müssen künftig geeignete Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Dieser Beitrag erschien zuerst am 24. Juni 2020 auf www.permakultur.de, wegen der Aktualität veröffentlichen wir ihn am 20. Juni 2022 erneut.


Es war der zweite Sommer hintereinander, in dem mein Wald brannte. Dabei ist es nicht mein Wald als Besitz, jedoch der Wald meiner Kindheit. Aufgewachsen bin ich in Beelitz, einer Kleinstadt südlich von Potsdam. Wenn dieser Wald in Brandenburg brennt, können selbst im ungefähr 50 Kilometer entfernten Berlin meine Freunde noch Rauchwolken riechen. Die Sandböden hier können kaum Feuchtigkeit halten und auch die ausgedehnten Kiefernwälder bilden eine natürliche Voraussetzung, die Waldbrände begünstigen.

Schon 2018 haben 50 Hektar in einem Dorf nordwestlich von Beelitz gebrannt. Kurze Zeit später ein Waldgebiet südlich meines Wohnortes, bei Treuenbrietzen. Dort brannten 400 Hektar Wald, und einige Dörfer mussten evakuiert werden. Der gleiche Wald brannte im Juni 2019 wieder, obwohl im Mai 25 Millimeter mehr Niederschlag gefallen sind als im Jahr davor. Für die Feuerwehren, Landwirte und andere freiwillige Helfer ist es besonders schwierig diese Waldbrände in Brandenburg zu löschen, da viele Wälder eine hohe Munitionsbelastung von stillgelegten Truppenübungsplätzen aufweisen. Die Brandbekämpfung am Boden ist dadurch nochmal zusätzlich gefährlicher. Auch klimatische Änderungen sind spürbar: zu den langen Trockenphasen kommen immer mehr starke Winde und Stürme hinzu. Dadurch können sich die Waldbrände leicht ausbreiten und fliegende Glut kann sogar weitere Waldbrände auslösen.

Aus diesem aktuellem Anlass, mache ich mir jetzt ernsthaftere Gedanken über brandschutztechnische Gestaltung mit Permakultur. Im »Handbuch der Permakultur-Gestaltung« vom Australier Bill Mollison (1988) gibt es ein komplettes Kapitel zum Thema Katastrophenschutz bei Flächen- und Waldbränden. In Australien sind Flächenbrände normal und treten in der Regel alle 8 bis 30 Jahre auf, meint Mollison. Peter Wohlleben erklärt in seinem Buch »Das geheime Leben der Bäume«, dass sich die Baumarten Europas nicht auf lokale, kleinere Waldbrände, zum Beispiel durch Blitzschlag, eingestellt haben. Für die Bäume war es nicht wichtig genug, da die natürlichen Brandursachen nur selten vorkamen. Größeren Einfluss hatte und hat der Mensch: Früher waren es beispielsweise Feuerstellen die Waldbrände auslösen. Mollison teilt mit uns sein Wissen und die Erfahrungen aus seiner Kindheit. Ein Großteil der nachfolgenden Informationen ist seinem Buch entnommen.

Brandursachen

Es ist zunächst wichtig, ein grundsätzliches Verständnis von Waldbränden und deren Ausbreitung zu erlangen. Die möglichen Ursachen für den Beginn eines Waldbrandes sind folgende:

  • Brandstiftung durch Menschen ist immer noch die häufigste Ursache. In Europa sind die Beweggründe dabei meist fehlende Aufmerksamkeit, die durch die Berichterstattung der Medien anschließend gestillt wird, auch wenn die Brandverursachenden anonym bleiben, oder Gefühle von Wut. Im Gegensatz dazu werden in Afrika oder Südamerika bewusst Wälder abgebrannt, um mehr Flächen für Land- und Viehwirtschaft zur Verfügung zu haben.
     
  • Blitzeinschlag ist die natürliche Ursache für einen Waldbrand. Mit den zunehmenden klimatischen Änderungen, nimmt auch die Häufigkeit von Gewittern und Blitzen zu.
     
  • Fehlzündungen von Fahrzeugen können direkt im Wald aber auch an Waldrändern mit einem Feld voll trockenem Getreide die Ursache für ein Feuer sein. Auch heiße Motoren oder ein Funkenschlag durch Steine bei der Bearbeitung der Felder können in Verbindung mit langen Trockenperioden einen Brand auslösen.
     
  • Kurzschlüsse bei Stromkabeln die durch ein Waldgebiet verlaufen entzünden bei Berührung Laub und Zweige.
     
  • Glasscherben und Flaschen im Wald können durch einen bestimmten Winkel der Sonneneinstrahlung als Lupe wirken und trockenes Gras, kleinere Zweige oder Nadeln in Brand versetzen.
     
  • Unachtsamkeit mit Lagerfeuer und Zigaretten durch Menschen führen insbesondere dann zu Feuern, wenn Waldbrandstufen der Forstämter missachtet werden und trotz Verbot gezündelt wird.
     
  • Rostende Munition oder Granaten aus Phosphor können sich bei Trockenheit und durch den Kontakt mit dem Sauerstoff aus der Luft selbst entzünden.
     
  • Hat es erst einmal gebrannt, kann Glut, die unbemerkt weiter schwelt bereits kontrollierte Brände erneut entfachen. Auch unterirdische Wurzelbrände können eine Ursache für einen Waldbrand sein.

Sobald ein Waldstück angefangen hat zu brennen, breitet sich das Feuer in Windrichtung aus. Über den brennenden Bäumen steigt die aufgeheizte Luft auf. Der Wind bläst diese Luft inklusive brennender Teile in höheren Luftschichten weiter. Ist unter diesen Luftschichten ebenfalls Wald, steigt die hier kühlere Luft vom Boden auf, kühlt die darüberziehende Brandluft etwas ab und verursacht dadurch einen Niederschlag, d.h. ein Absinken von mitfliegenden Funken und Glut. Dadurch ist es möglich, dass mehrere Kilometer entfernt ein weiterer, neuer Brand entsteht. Besonders durch klimatische Veränderungen, werden diese sogenannten Feuerstürme häufiger.

Feuerstürme – Flächenbrände können Feuertornados erzeugen, insbesondere auf Hügelkämmen. Sie verbreiten brennende Teile in Windrichtung über viele Kilometer.

Feuerstürme – Flächenbrände können Feuertornados erzeugen, insbesondere auf Hügelkämmen. Sie verbreiten brennende Teile in Windrichtung über viele Kilometer.

 

Die natürlichen Eigenschaften von Bergen oder Hügelkämmen sollte ebenfalls berücksichtigt werden. Dabei entsteht das Feuer eher hangaufwärts, wird vom Wind über die Spitze getragen, und regnet danach brennende Funken und Glut hangabwärts ab.

Die Kiefernwälder in Brandenburg können sich bereits bei einem Wassergehalt von weniger als 30 Prozent im Holz entzünden. Dies liegt vor allem an dem Öl- und Harzgehalt von Nadelbäumen, die besonders gut brennen. Mischwälder mit einem hohen Anteil an Laubbäumen entzünden sich erst ab einem Wassergehalt von unter 20 Prozent. Sie sind, neben anderen Vorteilen wie der höheren Artenvielfalt, besser geeignet, um Waldbränden vorzubeugen.

Landschaft, die Waldbrände verhindert?

Hierbei gibt es zwei Schwerpunkte, die beachtet werden sollten. Zum einen die Gestaltung der Fläche, die möglichst lange Feuchtigkeit im System speichert und dadurch nicht so leicht entzündbar ist. Zum anderen die Gestaltung, die bei einem Waldbrand dafür sorgt, dass das Haus, das Vieh und die Menschen eine möglichst hohe Überlebenschance haben.

Vorbeugende Maßnahme kann die Pflanzung von Bäumen, anderen Gehölzen und Stauden entlang der Höhenlinien sein. Diese Höhenlinien können durch Sickergräben (»swales«) und Dämme so gestaltet werden, dass sie ein Netz aus Bewässerungsanlagen bilden, die bei hoher Trockenheit oder einem Waldbrand überflutet werden können. Dafür ist es wichtig, Regenwasser in Teichen, Zisternen und Rückhaltebecken so zu speichern, dass dieses in Extremfällen zur Verfügung steht. Auch ein Brunnen kann strategisch sinnvoll auf dem Grundstück platziert werden und zusätzlich notwendiges Wasser fördern.

Zusätzlich ist es ratsam, im Vorfeld der heißen Trockenperiode im Mai bis September, alle brennbaren Materialien weg zu sammeln. In einem Radius von etwa 30 Meter rund um das Haus sollte der Waldboden ast- und nadelfrei gehalten werden. Dazu zählen neben abgestorbenem Gestrüpp, langen Gräsern, Ästen sowie Nadeln am Boden auch die unteren, toten Äste an den Bäumen. Das gesammelte Material kann zerkleinert in den Sickergräben als Wasserspeicher aus organischem Material wirken (gegebenfalls mit Steinen beschweren) oder aber auch als Brennmaterial zum Kochen genutzt werden. Hierbei ist die direkte Verwendung in einem Ofen möglich. Um den Boden rund um das Haus astfrei zu halten und das Gras kurz, kann auch die Beweidung durch Vieh hilfreich sein.

Weiterhin kann in diesem 30 Meter oder mehr umfassenden Streifen eine gut durchdachte Veränderung der Vegetation bei einem Waldbrand schützen. Hierbei muss ein Permakulturgestalter Pflanzengemeinschaften finden, die zum Beispiel die leicht brennbaren Kiefernwald-Monokulturen ersetzen und als Hitzeschild Strahlungshitze vom Haus abhalten können. Als Feuerbarriere können stark wasserhaltige laubabwerfende Bäume wie Weiden und Pappeln dienen. Dabei sollten diese lebenden Feuerbarrieren vier- bis fünfmal höher wachsen als das zu schützende Haus groß ist. Davor sollte der Boden möglichst mit sommergrünen Pflanzen bedeckt werden. Als Nutzpflanzen dienen hier zum Beispiel Beinwell, Lilien, Eisenkrautgewächse, Aronstabgewächse und Frühlingsblumenzwiebeln; auch kurz gemähte Wiese ist möglich. Weitere Feuerbarrieren können Straßen, Wege und steinige Bereiche sein. Auch Teiche, Sümpfe, Flüsse oder eben Sickergräben sollten bei der Gestaltung beachtet werden.

Gestaltung mit Brandschutz – Hitzeschilder, mehrere Feuerbarrieren hangabwärts, ausgewählte "Feuchtpflanzen" und die Verringerung brennbaren Materials in der Nähe des Hauses sorgen für verlässlichen Brandschutz.

Gestaltung mit Brandschutz – Hitzeschilder, mehrere Feuerbarrieren hangabwärts, ausgewählte "Feuchtpflanzen" und die Verringerung brennbaren Materials in der Nähe des Hauses sorgen für verlässlichen Brandschutz.

 

Eine andere Strategie kann sein, rund um das Haus keine Bäume zu pflanzen und bestehende zu fällen, damit diese bei einem Brand nicht auf das Haus stürzen. Hierbei muss das Haus selbst bestmöglichen Schutz vor der Hitze vom Waldbrand bieten. Rund um das Haus kann dann beispielsweise ein Gemüsegarten angelegt werden, der in jedem Fall regelmäßig gewässert wird, wo der Humusaufbau unterstützt wird und der Boden so mehr Feuchtigkeit im System hält.

Gebäude, die einen Waldbrand überstehen?

Bei der Gebäudegestaltung hilft grundsätzlich ein möglichst glattes Außenprofil der Wände, denn verwehte heiße Asche oder Glut kann sich an Vorsprüngen, Kanten und Putz mit Struktur sammeln. Das Dach sollte möglichst spitz zulaufen und aus glattem Metall oder Ziegeln bestehen, an dem fliegende Glut abrutschen kann und zum Beispiel auf einem Steinweg landet. Die Dachrinnen müssen unbedingt freigehalten werden, sonst unterstützt das trockene Laub in den Rinnen einen Dachbrand. Es gibt auch die Möglichkeit, verschließbare Rinnen anzubringen und diese bei einem Waldbrand mit Wasser zu füllen. Im Wohnhaus sowie bei Stallungen und anderen Unterständen sind bei Holzbauten möglichst dicke Pfosten im Ständerwerk zu empfehlen. (Besser wenige dicke Pfosten, als viele dünne, die die Dachlast tragen.) Bei einem Brand würde dickes Holz von außen verkohlen, aber nicht komplett durchbrennen. Die Gebäude haben so die größtmögliche Chance, ein Feuer ohne Einsturz zu überstehen.

Auch die Lagerung von brennbaren Materialien sollte in eine Geländegestaltung mit einbezogen werden. Das trockene Holz oder flüssiger Brennstoff sollte am besten im Keller oder anderweitig unter der Erde gelagert werden. Kanister mit Benzin und anderem explosiven Material können in einem Schuppen mit Abstand zum Wohnhaus gelagert werden.

Da bei einem Waldbrand die meiste Gefahr für Menschen und Tiere von der Strahlungshitze ausgeht, und nicht durch direkte Verbrennungen, ist es wichtig, möglichst gute Hitzeschilder zu bauen. Häuser, Steinmauern und dicke Baumstämme können das Vieh vor dem Tod schützen – Menschen sollten sich selbst rechtzeitig in Sicherheit bringen! Die Gebäude sollten gut isoliert sein, um das Haus möglichst lange kühl zu halten. Die Isolierung kann dabei durchaus aus ökologischen Materialien wie Mineralwolle, Sägespänen, Federn und Wolle bestehen. Eine Holzvertäfelung lässt weniger Hitze in das Innere als Stein, Ziegel und Lehm. Jedoch können diese mit einer dicken Wandstärke ebenfalls eine gute Hitzeisolierung erlangen. Als letzten Tipp für Gebäude empfiehlt es sich, das Dach und auch die Wände weiß zu streichen. Sonnenwärme und Hitzestrahlen werden so möglichst reflektiert und ebenfalls so lange wie möglich von den Häusern ferngehalten.

Permakultur ist ein Gestaltungsansatz und auf vielen Grundstücken und in Landschaften fängt die Gestaltung stets mit Überlegungen zum Bodenaufbau, zur Regenwasserrückhaltung und dem Pflanzen von Bäumen an. Ein zukünftig wichtiger Baustein der Gestaltung sollte in solchen Gebieten wie den Brandenburgischen Wäldern immer mehr die Brandverhütung oder -begrenzung sein. Wie wichtig dieses Thema zukünftig auch weltweit sein wird, zeigen auch die Brände im Amazonasregenwald oder in Australien, die noch aktiv sind, während dieser Artikel fertig gestellt wird.

Hier werden hoffentlich jeweils die örtlichen Gegebenheiten kreative Lösungen hervorbringen und dann wird beispielsweise der Sickergraben so angelegt, dass er im Notfall auch eingeleitetes Wasser gut verteilen und zur Brandbegrenzung genutzt werden könnte.

Mich hat diese Recherche zu den gestalterischen Möglichkeiten des Feuerschutzes etwas beruhigt: Wir sind den zunehmenden Bränden nicht völlig ausgesetzt, es gibt angemessene Möglichkeiten darauf zu reagieren. Nun hoffe ich, dass die im Einzelfall, zum Beispiel für veränderte Pflanzungen in Waldgebieten, entscheidenden Ämter die Notwendigkeit einer anderen Landschaftsgestaltung anerkennen und auch die Politik in diese Richtung wirkt.

 


Bereits erschienen im Permakultur Magazin Ausgabe 2020 und in Oya - Weltmittelpunkte, Ausgabe 57/2020.

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