Gründung des Permakultur Institut e. V.

Geschichten vom Anfang unseres Permakulturvereins.


Interview von Ulrike Krum mit Declan Kennedy

Ulrike Krum: Lieber Declan, das Permakultur Institut wurde im November 2022 40 Jahre alt. Es hat viele junge Mitglieder, die die Anfänge nicht miterlebt haben. Deshalb ist es spannend für uns, etwas darüber zu erfahren. Wie kam es dazu? Wie kam die Permakultur in dein Leben?

Declan Kennedy: Die ganze Sache mit der Permakultur begann in Berlin. Im Sommersemester 1981 bekam ich als Professor für Städtebau an der TU Berlin die Anfrage von Dr. Maurice Strong aus London, ob ich einen Menschen namens Bill Mollison nach Europa einladen wolle. Er hätte etwas Spannendes zu sagen, ein neues Konzept namens Permakultur, das er zusammen mit seinem Studenten David Holmgren erfunden hatte. Gleichzeitig erhielt meine Frau Margrit als Zuständige für Architektur und Ökologie in der internationalen Bauausstellung (IBA) den Vorschlag ihres Beraters Rudolf Doernach (Bio-Architekt aus Wildberg, Schwarzwald), denselben Menschen einzuladen. Schließlich hat die Einladung für diesen Vortrag die studentische Fachschaft Architektur der TU Berlin ausgesprochen, zusammen mit dem British Council. So kam Bill Mollison im Juni 1981 zu uns nach Westberlin, wohnte bei uns zu Hause und wir hatten sofort eine so starke Verbindung, dass mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt wurde.

Direkt im Anschluss an diesen Vortrag diskutierten wir mit den Teilnehmer*innen, außer mir fast alles Studentinnen und Studenten, und Bill in einer Berliner Kneipe nebenan darüber, wie wir die Permakultur zu einer Bewegung im deutschsprachigen Raum machen könnten. An diesem Abend verteilte Bill sogar halb im Spaß verschiedene Aufgaben dafür: »Du bist Präsident, du bist Schatzmeisterin, du bist für PR zuständig …«. Mir übertrug er die Inhalte und ernannte mich zu seinem europäischen Vertreter.

Wie ging es weiter?

Bill kam ein halbes Jahr später noch mal nach Berlin, nachdem er den Alternativen Nobelpreis (Right Livelihood Award) in Stockholm entgegengenommen hatte. Dieses Mal kamen nicht 50, sondern 250 Menschen zum Vortrag, der in der Fakultät für
Architektur der TU Berlin stattfinden durfte. Margrit und ich sind direkt im Anschluss mit Bill nach Australien geflogen und haben mein Forschungssemester dort verbracht. Das heißt, dass wir fünf Monate in Australien unterwegs waren, unter anderem einen dreiwöchigen Permakultur Design Kurs (PDK) absolvierten und uns viele Permakultur-Projekte anschauten.

Im Sommer 1982 veranstaltete ich den ersten PDK in Deutschland, im Jagdschloss Glienicke am Rand von Westberlin, zusammen mit Bill Mollison und seiner damaligen Frau Reny Slay, auf Englisch. Wir drei teilten uns die Inhalte nach Regionen: Australien, USA und Nordeuropa.

Ein Jahr nach dem ersten Vortrag von Bill haben Hennes Semar und ich eine Vereinssatzung formuliert. Als der Permakulturdesigner Max Lindegger uns im November 1982 in Berlin besuchte, nahmen wir das zum Anlass, einen Permakultur Verein zu gründen mit dem Namen »Permakultur-Verband«. Diese Gründung passierte in unserem Wohnzimmer in Berlin-Schlachtensee. Dabei waren:

  • Alessandro Vassella – Architektur, Bauökologie – Berlin, Zürich (CH)
  • Declan Kennedy (Prof.) – Städtebau, Landwirt – Berlin, Steyerberg (D)
  • Hennes Semar (Prof. Dr.) – Aquakultur – Saarbrücken, Windhoek (Namibia)
  • Margrit Kennedy (Prof. Dr.) – Architektur, Baubiologie – Berlin (†)
  • Max Lindegger – Permakultur Designer, Gärtner, Technischer Zeichner – Chrystal Waters (AU)
  • Veronika Keckstein – Architektur, Kunst – Berlin, Gailtal (A)
  • Wulf Blume – Gartenbau, Forstwirtschaft – Berlin (†)

Übrigens, diese Gruppe (ohne Max Lindegger) hat sich ein Jahr lang jeden Samstag fünf bis sechs Stunden getroffen, um den ersten Permakultur Design Kurs (PDK) auf Deutsch zu konzipieren und ihn dann 1983 in Wetzhausen bei Schweinfurth durchzuführen, zusammen mit weiteren Referent*innen:

  • Antja Kennedy – Tanzpädagogik – Berlin
  • Emil Niklas (Dr.) – Waldgarten – Stuttgart, Bad Belzig
  • Käthe Seidel (Dr.) – Hydrobotanik, »die Binsen-Käthe« – Krefeld (†)
  • Kraft Truchsess zu und von Wetzhausen – Öko-Landbau – Wetzhausen (†)
  • Renate Collier (Dr.) – Naturheilmedizin, Ernährung – Sylt, Steyerberg (†)

Wie kam es zum Namen »Permakultur Institut«?

Bei der Eintragung im Vereinsregister schlug die Sachbearbeiterin vor, das Wort »Verband« durch »Institut« zu ersetzen. So entstand die Bezeichnung »Permakultur Institut«. Da zu dieser Zeit alles auf Deutsch und Englisch vermittelt wurde, nannten wir den Verein gleichzeitig auch »Permaculture Institute of Europe«. Ein paar Jahre später hat eine Gruppe, bestehend aus Heide Garot (die Seele des Vereins), Helge Ruben, Olaf Schnelle, Burkhard Kayser und Anderen, den deutschen Teil des Vereins übernommen. Und Margrit und ich kümmerten uns um den europäischen Teil.

Worin bestanden die Aktivitäten des PKI in den ersten 20 Jahren seines Bestehens?

Uns war es ganz wichtig, die Permakultur in Deutschland und auch darüber hinaus bekanntzumachen. Deshalb habe ich zusammen mit dem Zentrum Prinzhöfte (Heribert Eschenbruch und Lutz Wendeler) regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr einen zweiwöchigen PDK angeboten, so dass dieser Ort zu einem Versuchsgelände der Permakultur wurde. Dieses Zentrum hat auch circa fünf Jahre lang die Leitung des Vereins übernommen. Außerdem habe ich bis 1998 in 16 europäischen Ländern und Brasilien die ersten zwei PDK gehalten, mit der finanziellen Unterstützung von GAIA Trust aus Dänemark. Danach wurden diese Inhalte in die Ecovillage Design Education (EDE) integriert. Dadurch kamen Permakultur und Global Ecovillage Network (GEN) zusammen, so dass die Permakultur in den Ökodörfern weltweit eine feste Größe geworden ist.

Als ich 1995 einen Burnout hatte, gab es zum Glück einen starken Verein mit mehreren Menschen, die diese Kurse übernehmen konnten, und ich zog mich aus dem PKI zurück.

Gab es noch weitere Bereiche, die das Institut in der Anfangszeit abdeckte?

Neben den PDK boten wir überall im deutschsprachigen Raum Vorträge über Permakultur an. Das Interesse bei den Zuhörern der Vorträge war so groß, dass wir im Anschluss eine Ausbildung organisiert haben. Die damalige Permakultur Design Ausbildung umfasste den 72-Stunden-Kurs plus zehn absolvierte Entwürfe, die vor einem Gremium, das »Peers« genannt wurde, präsentiert
wurden und von diesem geprüft und zertifiziert wurden (Diplom Permakultur Designer). Einmal pro Jahr veranstalteten wir ein Institutstreffen und ein Wintertreffen an wechselnden Orten. Außerdem gab es immer an Himmelfahrt ein mehr geselliges Treffen in Prinzhöfte.

Was ist mit der schriftlichen Verbreitung der Permakultur?

Die ganze Literatur über Permakultur war auf Englisch. Der Pala-Verlag aus Darmstadt hat auf mein Betreiben hin 1984 eine Erstübersetzung von Bill Mollisons und David Holmgrens Werk »Permaculture One« publiziert. Daraufhin hat eine Arbeitsgruppe der TU, hauptsächlich Studenten und Assistenten aus meinem Umfeld, diese Übersetzung überarbeitet und dabei die Fachbegriffe geprägt, die mittlerweile üblich sind. Außerdem haben wir neue Bereiche erschlossen wie Ernährung, Baubiologie und Design-Methoden. Die soziale Permakultur kam aus Großbritannien Ende der 1990er-Jahre dazu.

Ab 1984 gab es alle zwei Jahre ein internationales Treffen der praktizierenden Permakulturisten in wechselnden Ländern, an denen mindestens zwei Vertreter*innen des PKI teilnahmen. Hier wurde die Permakultur-Ethik diskutiert und definiert und daraus das Curriculum des 72-Stunden-Kurses PDK entwickelt. Das Permaculture Institute of Australia war anfangs für die Zertifizierungen zuständig, bevor diese im Jahr 2006 bei dem Treffen der Permaculture International in Montevon (Kroatien) hauptsächlich aus sprachlichen Gründen dezentralisiert wurde.

Von circa 1984 bis 2006 gab es nämlich auf jedem Kontinent eine Person, die nach den zehn Entwürfen den Teilnehmer*innen das Zertifikat zum Permakulturdesigner verliehen hat, und zwar vom Permakultur Institut Australien. Ich war für Europa zuständig und habe das auf die oben erwähnte Gruppe »Peers« erweitert. Nach 2006 lief das nicht mehr offiziell über Australien, sondern dezentral, wenn eine Zertifizierung überhaupt nötig war. In manchen Ländern war und ist das bis heute sehr locker.

Declan, wenn du nun auf diese 40 Jahre PKI und gleichzeitig 40 Jahre Permakultur in Deutschland und Europa blickst, wie schaust du auf diese Entwicklung? Bist du zufrieden? Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich bin nicht nur zufrieden, sondern sogar begeistert von dieser Entwicklung. Vor allem von der letzten Dekade, weil die 12 Prinzipien der Permakultur mittlerweile auf fast alle Lebensbereiche angewandt werden, nicht nur im Bereich Gemüseanbau. Für die Zukunft sehe ich die Aufgabe des PKI und aller Menschen, die Permakultur betreiben, diese Prinzipien in ihrer Ganzheit noch weiter zu verbreiten, z. B. auf Betriebswirtschaft und auf die Bereiche der Vorort- und Dorf-Erneuerung. Ich bin davon überzeugt, dass die Permakultur zum Beispiel zur Lösung der Klimaproblematik beitragen und den gesellschaftlichen Wandel, in dem wir uns befinden, zusammen mit anderen innovativen Bewegungen in eine konstruktive Richtung führen kann.

Manche Menschen sagen: »Es ist fünf Minuten vor Zwölf – für die Erde, die Umwelt und die Menschheit.« Ich sage: »Die Situation ist bereits gekippt – es ist schon fünf Minuten nach Zwölf. Aber das Gute an Mitternacht ist: Es ist der Beginn eines neuen Tages.« Also: Lasst es uns anpacken!

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