Das Netzwerktreffen für Weiterbildungsteilnehmende: die Sommerakademie

Was ist die Sommerakademie? Marc Dannhausen war bei der Sommerakademie 2021 dabei, sammelte Stimmen der Teilnehmenden ein und teilt seine Erfahrungen in diesem Bericht.


Knotenworkshop auf der Sommerakademie

Knotenworkshop auf der Sommerakademie

von Angelika Schroers, Carolin Herrlich, Marc Dannhausen und Tanja Pintschovius

Ankommen

Wald. Ein Weg. Dann ist der Weg weg. Ein Maisfeld, daneben Wald, aber kein Weg. Ein älteres Ehepaar, das mich aufmuntert, weiterzugehen. Der Sinnspruch „Der Weg ist das Ziel“ fällt mir ein. Es fängt an zu nieseln …

All diese Umstände sind vergessen bei dem herzlichen Empfang im Zen-Tempel des ToGenJi-Projektes, dem Lehrhof für Zen und Permakultur, nur etwa zehn Gehminuten vom Lebensgarten Steyerberg entfernt. Hier soll vom 18. bis 22. August 2021 die Sommerakademie stattfinden. Den Rahmen bietet eine offene Struktur, bei der alle Anwesenden gleichzeitig Teilnehmende sind, aber auch etwas Inhaltliches anbieten können. Das gilt natürlich auch für Katharina Weber sowie Cheryl und Thom Meiseberg, die diese Veranstaltung organisiert haben. Die Agenda für die nächsten Tage entsteht später durch Ideen aller Anwesenden, wie wir die Zeit in kurzen oder längeren inhaltlichen Einheiten füllen können. Permakulturelle Selbstorganisation eben.

Als Erstes gilt es aber, einen Platz für die Nacht zu finden. Die meisten bauen ihr Zelt irgendwo in der Nähe im Wald auf, ich wähle eine kleine Lichtung dicht am Tempel. Dass ich dort morgens keinen Wecker benötigen würde, war mir zu dem Zeitpunkt nicht bewusst. Die allmorgendliche Meditation, das sogenannte Sitzen, endet mit lauten Trommel- oder Klopfgeräuschen – der ideale Wecker für alle Draußen-Schläferinnen, die nicht mit „sitzen“, aber pünktlich um 8 Uhr zum Frühstück kommen wollen.

In einem Zen-Kloster bin ich gelandet.

» Ich lasse mich in den Rhythmus des Ortes fallen. Mein Wecker klingelt um 6.35 Uhr. Da sitzen die Ersten schon beim Rezitieren und Singen. Ich geselle mich um 7 Uhr dazu. Dann startet nach vier Schlucken Grüntee die Meditation – oder eben das „Sitzen“. Die gemeinsame Stille – wie wohltuend. Doch still ist es in mir nicht. Die Gedanken fliegen umher … wow … wieso denke ich denn jetzt an diese alte Filmszene? Egal. Zurück zum Atem. Ein, aus, ein, aus, …

Täglich ein Gespräch mit Katharina. „Wie geht es dir heute morgen?“ fragt sie, und dann entspannt sich eine kleine Unterhaltung über das, was da ist. Gedanken. Gefühle. Fragen. 12.30 Uhr und 18 Uhr sind weitere Meditationszeiten. Und spät abends wird wieder rezitiert. Ich fühle mich gut begleitet und aufgehoben.

In dieser Einbettung und durch unsere wunderbare Gruppe lasse ich mich tief in meinen Design-Prozess sinken. Verschiedenste Schichten kann ich mir anschauen, die sich übereinander lagern und sich durchwirken. Ich kann Schmerzen spüren und erste Entscheidungen treffen. Wie schön auch der Austausch in unseren kleinen Design-Gruppen, die sich sehr flexibel immer wieder zusammenfinden.

Wieder zu Hause, finde ich mich zwei Tage später auf einem Meditationskissen wieder. Ich schmunzele, als ich sehe, dass die Uhr 7:01 zeigt.

– Angelika Schroers

Design-Werkstatt

Mit Katharina, Cheryl und Thom haben wir drei erfahrene Permakultur-Gestalterinnen und Tutorinnen, denen wir unsere Designprojekte vorstellen können. In kleinen Gruppen oder auch in Einzelgesprächen durchleuchten wir einzelne Vorhaben und klopfen sie gemeinsam auf Stärken und Unstimmigkeiten ab. Dann gibt es wieder Zeit, um an den Projekten zu arbeiten und je nach Wunsch eine weitere Runde der Reflexion. So lernt man gleichzeitig Projekte der anderen kennen und übt sich darin, Feedback zu formulieren – zu empfangen. Selbst wenn das darauf hinausläuft, dass eine liebgewonnene Design-Idee auf dem mentalen Kompost wandert, wie bei mir (Marc) geschehen.

» In unserer gemütlichen kleinen Teehütte, auf Reisstrohmatten sitzend, darf ich von meinem aktuellen Projekt im ToGenJi erzählen. Die Feedback-Fragen von Designerinnen und Mitlernenden bringen mich in meinem Denken vorwärts und leiten mich zu meinen nächsten Schritten meines Projektes. Diese positive Erfahrung hat mich dazu veranlasst, für nächstes Jahr selbst eine Designwerkstatt mit meiner Bezugsgruppe auf dem selbstorganisierten Lernweg zu organisieren.

– Carolin Herrlich

Noch mehr Gemeinschaft

Wer wollte, konnte auf einer Führung etwas mehr über die Geschichte und die Hintergründe des Lebensgartens und den Bezug zum ToGenJi-Projekt erfahren, durchgeführt von Christoph, einem Mitbegründer des Lebensgartens.

Gekocht, gegessen, gespült und aufgeräumt haben wir gemeinsam. Es gab „intuitives Backen“ mit Cheryl – für etwas Knabberei zum täglichen Kaffeeplenum und zwischendurch. Sehr eindrucksvoll auch die Kakao-Zeremonie, bei der wir auf eine Traumreise geschickt wurden, die vielen sichtlich ans Herz ging. Oder auch der lehrreiche Kräuterspaziergang mit Angelika zum Thema Bitterstoffe in Wild- und Gartenkräutern.

» Gänsehaut bereitet mir das Earth Forum, wo ich in tiefe Verbindung zu mir und der Gruppe komme. Es zeigt mir ganz klar: Ich möchte nicht mehr mit dem Gefühl der Angst und der radikalen Veränderung arbeiten, um die Zukunft so zu gestalten, wie wir sie uns wünschen. Stattdessen möchte ich mit Naturmaterialien Geschichten erzählen und unseren permakulturellen Praxisort prägen. Die im Earth Forum genannten Visionen für eine schöne gemeinsame Zukunft scheinen mir einerseits ziemlich gleich, aber auch ganz individuell auszusehen. Genau darin liegt für mich auch der Reiz der bunten Permakultur-Gruppen: Sie bringen so viel Diversität für die Zukunft mit!

– Carolin Herrlich

Abends kehrt mit der Dunkelheit Ruhe ein – mit nur wenigen Ausnahmen: Wir lauschen Jürgen und seinem unterhaltsamen Vortrag über den Zusammenhang von Zen und Permakultur, und der letzte Abend endet im Schein eines ruhigen Lagerfeuers. Ein paar von uns warten mit einem letzten Event sogar auf die Dunkelheit:

» Mirja und Felix bieten uns am letzten Abend einen "Trommelgang" durch den Wald an. Dabei geht es darum, dem Klang einer Trommel folgend, mit verbundenen Augen ein Stück abseits der Wege durch den Wald zu laufen und sich seiner restlichen Sinne zu bedienen und (wieder) gewahr zu werden: Tastsinn, Gleichgewichtssinn, Hören, ...

Außerdem geht es um Vertrauen: in die mir fremden Menschen, die dieses Angebot gemacht haben, das Vertrauen in den Wald als einen freundlichen, positiven Ort – auch im Dunkeln –, aber vor allem um das Vertrauen in mich selbst und meine (ureigenen) Fähigkeiten.

Für einige von uns liegt die Herausforderung darin, Ängste zu überwinden, vor allem die Angst vor der Angst im Dunklen, im Wald.

Am Treffpunkt am Waldrand wird uns der Ablauf vorgestellt: Jeder verbindet sich die Augen und behält sie während des gesamten Ganges verbunden, dann geht es zunächst in einer Polonaise an den Ausgangspunkt im Wald. Sobald der Klang der Trommel aus einiger Entfernung zu hören ist, setzen wir uns auf ein Zeichen in Bewegung, einzeln, ohne zu kommunizieren, jeder in seinem Rhythmus Richtung Trommel, unserem Ziel. Felix begleitet die Gruppe, um Hilfestellung zu bieten, falls nötig.

Alle kommen nacheinander am Ziel an, letztlich entspannt und um eine verbindende, positive, Erfahrung reicher. Ich frage, wie lange wir unterwegs waren, denn mir ist jegliches Zeitgefühl abhandengekommen: 30 Minuten, mir kam es länger vor. Ich muss meinen Pulli ausziehen, mir ist warm geworden, das Vorwärtstasten hat mir viel Körperspannung abverlangt.

– Tanja Pintschovius

Follow-up

Wir haben uns viel ausgetauscht, gelacht und Tränen vergossen. Wir haben Musik gemacht und gesungen oder einfach nur gelauscht. Vor allem haben wir Lust auf ein nächstes Mal! Vielleicht sogar organisiert von Lernenden für Lernende, wie das Format ursprünglich gedacht war. Und dann werden wir auch einfach dem ausgeschilderten Radweg folgen.

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