Beruflich mit Permakultur unterwegs als Waldpädagogin

Die hessischen Forstämter sind Partner von Kindergärten, Schulen und Jugendgruppen. Was liegt da näher für eine permakulturbegeisterte Waldpädagogin und Biologin wie Gisela Löffler, den Gedanken weiterzuspinnen, um ein ganz besonderes Waldpädagogikprojekt bei ihrem Arbeitgeber anzuregen: die Anlage eines essbaren Waldgartens auf 900 m² Fläche unterhalb des Jugendwaldheims Weilburg.


2015 fiel der Startschuss für das UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung. Das fünfjährige Programm zielte darauf ab, langfristig eine systemische Veränderung des Bildungssystems zu bewirken und Bildung für nachhaltige Entwicklung vom Projekt in die Struktur zu bringen. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist laut hessischem Schulgesetz seit 2017 besondere Bildungs- und Erziehungsaufgabe, in anderen Bundesländern sieht es ähnlich aus. Es wird von unterschiedlichen Trägern angeboten. Die hessischen Forstämter sind Partner von Kindergärten, Schulen und Jugendgruppen. Was liegt da näher für eine permakulturbegeisterte Waldpädagogin und Biologin wie Gisela Löffler, den Gedanken weiterzuspinnen, um ein ganz besonderes Waldpädagogikprojekt bei ihrem Arbeitgeber anzuregen: die Anlage eines essbaren Waldgartens auf 900 m² Fläche unterhalb des Jugendwaldheims Weilburg.

Gisela ist beim Landesforst Hessen quer eingestiegen und hat sich dort zur Waldpädagogin weitergebildet. Anschließend besuchte sie einen Permakultur Design Kurs und erkannte die enormen Möglichkeiten der Permakultur in der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie begleitet Themen wie Klimakrise, Lernort Waldwiese, Handwerken mit Naturmaterialien, heimische Bienen- und Schmetterlingsprojekte, Tiere als Produktlieferanten (wie Honigbienen), Schädlinge und ihre Bekämpfung, Abfallproblematik oder Upcycling und vor allem auch Bewegung im Wald.

Waldgarten in der Waldpädagogik

Die Forstbehörden, die in Hessen für Waldpädagogik zuständig sind, können bei Waldgärten ihr Wissen zu standortangepassten Baumarten und Pflanzmethoden einfließen lassen sowie Bäume, Sträucher und sonstiges Material aus dem Wald liefern.

Einen Waldgarten sieht Gisela als dankbare Alternative zum Gemüse-Schulgarten, weil beim Waldgarten Ferien und Feiertage leichter überbrückt werden können. Er ist auf weniger Arbeits- und Zeiteinsatz angewiesen, er kann wesentlich einfacher »nebenher laufen«. Was nicht heißt, dass Gisela bei der Neuanlage eines Waldgartens die Pflanzen nicht angießt. Denn in Dürreperioden kann eine neu gesetzte Pflanze nicht tage- oder wochenlang ohne Gießwasser auskommen – die Wurzeln haben sich noch nicht tief genug in der Erde verankert, so die Biologin.

Genau über das Thema Gießen ist Gisela übrigens auf das Mulchen und Permakultur gekommen. Einen Sommer lang hatte sie mitgezählt, wie viele Zehn-Liter-Gießkannen sie beim Bewirtschaften eines konventionellen Gartens verbrauchte. Auf ca. 200 m² vergoss sie in dem trockenen Sommer 16.000 Liter Wasser!

Außer Wassereinsparung und dennoch guter Ernte sowie einem Mehr an Biodiversität bietet ein Waldgarten einen vielseitigen Lernort für alle Bet iligten, und deckt Themen in vielen Schulfächern ab. Zudem liefert er eine andere, vielseitigere Ernte als ein Gemüsegarten.

Lernort Schulgarten

Apropos Ernte: Wer im Garten anfängt, schätzt den Ernteertrag häufig unrealistisch hoch ein. Um die Kinder und Jugendlichen darauf einzustimmen, was sie erwartet und ihnen Enttäuschung oder Demotivation zu ersparen, rät die Biologin, Waldpädagogikprojekte gut zu besprechen und zu begleiten. Sie achtet darauf, offen für neue Ideen und Lernschritte zu sein, den Mut zu haben, Unbekanntes auszuprobieren, die Natur zu beobachten und flexibel zu bleiben. Dabei betrachtet Gisela die Projekte individuell. Sie geht sehr flexibel auf die Bedürfnisse der Schulleitung und der Schüler und Schülerinnen ein und »verschneidet« diese mit ihren Sach- und Fachkenntnissen. Anschließend plant sie, was voraussichtlich realisierbar ist, in welchem zeitlichen Rahmen und wie es mit möglichst wenig Aufwand und Kosten verbunden bleibt. Denn vieles kann man aus dem Wald beziehen, wie Totholzheckenmaterial, Holz für Sitzgruppen oder Beetumgrenzungen, Stangen für die Bohnen.

Knackpunkt ist, wenn eine Schulgruppe nicht jede Woche kommt und die Anzahl der Mitmachenden von Einsatz zu Einsatz variiert. Gisela gestaltet Arbeitspläne und sorgt dafür, dass Materialien vorhanden sind, wie Bäumchen, Samen, Blumenzwiebeln, Arbeitsgeräte, Erde, Kompost und Ähnliches. Sind Lernende aus verschiedenen Klassen zusammengewürfelt, dann ist eine Vor- und Nachbereitung von Themen kaum möglich. Damit die Mitmachenden wissen, was ansteht und warum hält die Biologin kleine Wissensinputs am Anfang des jeweiligen Praxistages. Wenn ihnen klar ist, wofür sie etwas machen, sind sie mit Interesse dabei. Außerdem lässt sie möglichst viele Ideen der Kinder und Jugendlichen einfließen. So können sie sich mit der Arbeit identifizieren.

Für Motivation sorgt auch, wenn die eigene Arbeit von anderen gesehen wird. Darstellungen in der Lokalpresse sind Gisela wichtig. Die Jugendlichen waren besonders stolz, als sie ins Radio mit hessenweiter Ausstrahlung und ins regionale Fernsehen kamen. Pressearbeit kann zudem für Sponsoren sorgen. Es macht Gisela Freude, wenn ihr Angebot ankommt. Bei der dritten Jahresgruppe sind fast ein Drittel vom Gründerjahrgang. Und Ältere kommen mit dem Fahrrad vorbei, um nach »ihrem« Waldgarten zu sehen. Gisela ist stolz, dass die teilnehmende Schule mit dem Projekt Waldgarten sogar den hessischen Umweltpreis gewonnen hat.

Bisherige Bilanz seit der Gründung 2022: ein durchweg voller Erfolg mit viel Spaß bei den Teilnehmenden. Unterricht draußen mit frisch gepresstem Apfelsaft oder selbst geernteten Kartoffeln am Lagerfeuer – welche Schule kann das bieten? Gisela Löffler wünscht sich, dass dies noch mehr Schulen erkennen. Gelebte Bildung für nachhaltige Entwicklung in einem machbaren Aufwand und Rahmen, so etwas kann vor allem ein Waldgarten bieten, davon ist die Biologin inzwischen überzeugt. Was will man mehr, als gleichzeitig Lebensraum für Bienen, Schmetterlinge, Insekten und viele andere Gartenbewohner zu schaffen und Kinder und Jugendlichen Spaß am Lernen zu geben und sie dazu anzuregen, diese Erfahrungen auch zu Hause anzuwenden?

Was können wir verbessern?

Als wichtig sieht die Biologin gerade am Anfang der Anlage den Eintrag von Kompost, um die Fruchtbarkeit des Bodens zu erhöhen und damit den Ernteertrag zu sichern, aber auch um schneller Ernte zu erzielen. Die Menge an hierfür erforderlichem Biomüll wird in Giselas Erfahrung meist zu gering eingeschätzt. Grundsätzlich ist sie der Meinung, dass wesentlich mehr Recyclingkapazität vorhanden wäre. Hilfreich wäre die Anschaffung eines Wurmkomposters, der Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt oder aus Sponsorengeldern finanziert werden kann. Gibt es an einer Schule einen Förderverein, könnte dieser für finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung von Gartengeräten und -material angesprochen werden.

In didaktischer Hinsicht fände Gisela es sinnvoll, zusätzlich zu den Praxisnachmittagen einen Einsteigerkurs in der Schule anzubieten. So könnten vorab Kenntnisse vermittelt werden, wie zum Thema Pflanzen im Jahresverlauf. Vielen Kindern und Jugendlichen ist heutzutage nicht mehr klar, dass man Erdbeeren beispielsweise nicht das ganze Jahr über pflanzen und ernten kann. Oder ganz grundsätzlich, dass es Pflanzzeiten und Erntezeiten gibt.

Neue Projekte aufziehen und sich vernetzen

Neue Projekte findet die Biologin in der Begegnung mit Menschen, die offen sind für neue Ideen und die sich auch die Zeit nehmen, sich diesen zu widmen. Dazu kann man Leitungen von Schulen, Kindergärten, Waldkindergärten und Aktivspielplätzen ansprechen. Oder man sucht den Kontakt zu Bauernhöfen, Solidarischen Landwirtschaften, Gemeinschaftsgärten, Gartenbaubetrieben, Landschaftsgärtnereien, städtischen Gärtnerbetrieben, städtischen Gärten oder zur Denkmalpflege.

Gisela stellt Verbindungen her und sichtet Flächen. Eine Fläche muss groß genug sein, um Bäumen und Sträuchern in ihrer Endgröße und für den Kronendurchmesser Raum zu geben. Und warum nicht: Es können auch beim eigenen Dienstgebäude die Außenanlagen gestaltet werden! Ein Leuchtturmprojekt ist für Gisela die Initiative eines anderen hessischen Stadtmitarbeiters: Die Essbare Stadt Andernach hatte ihren Anfang genommen, weil ein Mitarbeiter der Stadt freie Hand bekommen hat im Rahmen der Initiative Hessen Nachhaltig vor die Mauern der Tiefburg Tomaten zu pflanzen. Inzwischen ist der ansässige Permakulturhof mit Universität und Schulen verknüpft. Andernach hat dazu beigetragen, die Idee der essbaren Stadt bundesweit bekannt zu machen und zu verbreiten.

Vielleicht zieht ja auch die Anlage eines Schul-Waldgartens Kreise? Die Biologin und Umweltberaterin würde es sich und uns allen wünschen!

Für Fragen und Vernetzung kontaktiert bitte Gisela Löffler unter gisela.loeffler1@gmx.de

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