Benutzt – und nun?

Abwasserreinigung mit Pflanzenkläranlagen


Bild Pflanzenkläranlage Permakultur

Sommer 2020: Das Schilfbeet ist ein schönes Biotop, der Blutweiderich blüht.

Bild Pflanzenkläranlage Permakultur

Zuerst kommt der Bagger. Viel Erdbewegung ist nötig für ein Schilfbeet, das zwölf Einwohnerwerte abdeckt.

Bild Pflanzenkläranlage Permakultur

Das Schilfbeet wird durch Folie abgedichtet.

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Im Bau noch frei zu sehen: links in Grau die Absetzgrube, rechts davon der Filterschacht und der schwarze Beschicker. Später wurde alles mit Erde zugeschüttet, um genügend Frostschutz zu erreichen.

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Juchu! 2016 wird unsere Anlage bepflanzt.

Schon bevor wir vor gut sechs Jahren auf unseren Hof zogen, war für mich klar, dass ich gern eine Pflanzenkläranlage haben wollte, wenn es die Örtlichkeit erlaubte. Denn darin sah ich einen Baustein, meinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, wenn ich weitgehend unabhängig von Fremdversorgung beziehungsweise -entsorgung lebe, und das mit geringstmöglichem Technik- und Energieaufwand. Außerdem helfen Pflanzenkläranlagen das Wasser möglichst lange auf dem Gelände zu halten, und sie machen die Nährstoffe aus dem Wasser durch das abgeerntete Schilf wieder nutzbar.

Wir hatten das Glück, in einem Dorf gelandet zu sein, das zu klein und zu abgelegen ist, um an ein Abwassernetz angeschlossen zu sein. Andernfalls hätte der in Deutschland bestehende Anschlusszwang uns sicherlich auf eine eigene Kläranlage verzichten lassen oder wir hätten diese vermutlich nicht genehmigt bekommen. So aber haben wir uns, nach kurzem Überprüfen der Möglichkeiten, für eine Pflanzenkläranlage entschieden, die wir gemeinsam mit der Firma Aqua Nostra im Teilselbstbau realisiert haben.

Was ist Abwasser?

Bevor wir zu den Baudetails der Pflanzenkläranlage kommen, hier noch einige Grundlagen: Der Begriff Abwasser bezeichnet allgemein gebrauchtes Wasser, also Wasser, das durch menschliche Tätigkeit gegenüber der natürlichen Qualität nachteilig verändert ist. Dabei sind sowohl organische als auch anorganische Verschmutzungen gemeint. Bei Einleitung eines solchen Wassers in die Natur kann es zu Grundwasserbelastung oder Überdüngung, meist mit Stickstoff und Phosphor, in Oberflächengewässern führen. Ziel bei Haushaltsabwässern ist daher die Reduzierung von Feststoff- und Schwebstoffen sowie Nährstoffgehalten.

Schwarzwasser bezeichnet ein Abwasser, das mit Fäkalien verunreinigt ist, dadurch eine hohe Nährstofflast sowie Krankheitskeime enthalten kann. Grauwasser meint Wasser, das durch sonstige häusliche Nutzung wie Wäschewaschen oder Duschen entsteht. Es liegt auf der Hand, dass wir vor allem den Nährstoffgehalt, aber auch die Menge des Abwassers mit einer Änderung unserer Fäkalienentsorgung hin zu Trockentrenn- oder Komposttoiletten deutlich beeinflussen können. Immerhin werden bei einmal Klospülen mit modernen Spülkästen drei bis sechs Liter Wasser vom Nahrungsmittel zum Entsorgungsproblem; bei alten Spülanlagen ist es deutlich mehr.

Jegliche Abwasserreinigung, egal in welcher Art von Anlage, erfolgt idealerweise überwiegend mit Hilfe von sauerstoffliebenden Bakterien. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass stets genug Sauerstoff vorhanden ist. Sauerstoffarme Verhältnisse lassen sonst andere Bakterien zum Zuge kommen, die die vorhandenen Nährstoffe in Fäulnisprozessen und damit einhergehender Geruchsbelastung umwandeln. Beim Abbau mit Sauerstoff werden mehr Nährstoffe „veratmet“ als bei einem sauerstofflosen Abbau.

Das Bauprinzip

Das wesentliche Element der Pflanzenkläranlage ist das Schilfbeet. In unserem Fall ist das eine mit dem Bagger ausgehobene Vertiefung, gefüllt mit einer etwa einen Meter hohen Schichtung aus Sand und Kies bestimmter Korngrößen, dem Filterkörper. Dieser ist bewachsen mit Schilf und anderen Sumpfpflanzen wie Schwertlilien und Blutweiderich, die in der Natur an Gewässerrändern und in Nasswiesen vorkommen und an den Wechsel von viel und weniger Wasser im Boden sowie an Nährstoffreichtum angepasst sind. Oben auf dem Filterkörper liegen gelochte Rohre, durch die das Abwasser verteilt wird. Am Boden des Filterkörpers liegen ebenfalls gelochte Rohre, nämlich Drainagerohre, durch die das gefilterte Wasser wieder aus dem Schilfbeet herausläuft. Auf der Oberfläche von Sand, Kies und Pflanzenwurzeln siedeln sich Mikroorganismen an, die die Nährstoffe aus dem Wasser ziehen und daraus ihre Lebensenergie gewinnen. Die Wurzeln der Schilfpflanzen transportieren Sauerstoff, davon profitieren die Mikroorganismen. Außerdem ziehen die Pflanzen Nährstoffe aus dem Wasser.

Dem Schilfbeet vorgeschaltet ist eine Dreikammergrube, auch Absetzgrube genannt, die bei uns schon vorhanden war. Dazu kommen ein Filter und der sogenannte Beschickerschacht, ein Behälter, in dem sich das Abwasser sammelt und sich bei einer bestimmten Menge in einem Mal in das Schilfbeet entleert. In der Absetzgrube setzen sich die Feststoffe aus dem Wasser ab. Es bildet sich Klärschlamm, der in mehrjährigen Abständen abgepumpt werden muss. Nutzt man Trockentrenntoiletten oder Kompostklos und sorgt so dafür, dass nur minimal Feststoffe ins Abwasser gelangen, reicht vermutlich auch ein einfaches Absetzbecken oder ein Filter, um die feineren Feststoffe wie Fasern oder Essenspartikel zu entfernen.

Unser Filter sorgt dafür, dass feine Teilchen aus dem Überlauf der Dreikammergrube nicht ins Schilfbeet gelangen.

Bei uns funktioniert die ganze Anlage, dank Gefälle im Gelände, rein mechanisch und benötigt keinen Strom. Im Flachland kann der Einsatz einer Pumpe nötig sein, um das Wasser zu bewegen.

Die technikarme Funktionsweise macht weniger Wartung nötig als beispielsweise bei Anlagen mit Belebtschlamm oder Tropfkörpern, wo in regelmäßigen Abständen Luft eingeblasen wird, um die Sauerstoffzufuhr sicherzustellen. Gesetzlich vorgeschrieben sind für Pflanzenkläranlagen monatliche Eigenkontrollen sowie eine labortechnische Abwasserprüfung einmal im Jahr. Das Schilfbeet muss vor allem am Anfang, bis das Schilf dicht zugewachsen ist, gejätet werden, damit nicht andere Pflanzen – bei uns waren es Disteln – die Überhand gewinnen. Außerdem sollte unerwünschter Bewuchs wie Baumsämlinge oder Brennnesseln, die vom Rand her einwandern, jährlich entfernt werden. Zur regelmäßigen Pflege gehört neben der Reinigung des Filters auch das Ernten der Schilfhalme nach dem Winter. Wir häckseln sie und nutzen sie als Mulch auf den Wegen im Gemüsegarten.

Elisabeth Seyfferth vom Naturbauhof in der Priegnitz baut selbst Pflanzenkläranlagen und gab den Tipp, dass einige ihrer Kunden das gereinigte Wasser kontinuierlich zur Bewässerung ihrer Pflanzen, beispielsweise Hecken, nutzen. Die gediehen mit der gehaltvollen Tröpfchenbewässerung großartig, denn Restnährstoffe sind auch nach der Klärung noch drin. Das läuft allerdings nur mit Tauchpumpe. Diese wird in den Kontrollschacht der Kläranlage eingebaut, die immer, wenn genug Wasser da ist, anspringt und den „Schluck“ in eine gelochte Druckleitung pumpt. Für den Winter gibt es außerdem den Überlauf vom Schacht in eine Versickerungsmulde, damit die Pumpe nicht ganzjährig laufen muss, wenn das Wasser gar nicht gebraucht wird.

Bei unserer Anlage läuft das gereinigte Wasser Richtung Bach und wird unterwegs von den Pflanzen aufgenommen.

Damit das gereinigte Wasser in den Bach oder eine Versickerungsmulde laufen darf, beantragt man im Übrigen vor dem Bau eine Genehmigung der Wasserbehörde; den Bau an sich muss die Gemeinde genehmigen. Auch die Pflanzenkläranlage selbst braucht eine sogenannte Bauartzulassung. Deshalb empfiehlt es sich, beim Bau mit Fachfirmen zusammenzuarbeiten, die eine solche Zulassung für ihre Anlagen haben.

Grundsätzlich wichtig für eine Pflanzenkläranlage ist ein möglichst gleichmäßiger Eintrag von Wasser und Nährstoffen, damit die Mikroorganismen einerseits nicht austrocknen oder verhungern und andererseits an die ankommende Nährstoffmenge gewöhnt sind. Es müssen genug von ihnen da sein, um die Nährstoffe umzusetzen.

Grauwasser nutzen?

Neben einer technischen Lösung zur Abwasserreinigung, die bei einer hohen Konzentration von Menschen an einem Ort kaum zu ersetzen ist, gibt es kleinere Lösungen mit dem eigenen Abwasser umzugehen oder es zu verringern.

Wasser, das beim Duschen oder Baden anfällt, lässt sich einfach per Eimer zum Wischen, zum Vorwaschen von Kleidung oder, so es denn noch eine Wassertoilette gibt, zum Klospülen benutzen.

Duscht man ohne Seife, kann das Wasser bedenkenlos zum Gießen im Garten genutzt werden. Benutzt man Seife, auch ökologisch abbaubare, sollte man sehr sparsam damit sein und das Wasser nicht immer an dieselben Pflanzen gießen. Gartenbauberater Volker Croy aus Dresden berichtete von Sträuchern und Blumen, die regelmäßig mit Wasch- und Wischwasser gegossen wurden und dann Symptome von zu hohem pH-Wert, vermutlich durch die Seife, und andere unklare Symptome zeigten. Wahrscheinlich führen die schnell zersetzbaren organischen Bestandteile aus dem Wasser bei ihrer Verrottung zu Sauerstoffmangel im Wurzelraum. Hier hat zum Glück reichliches Wässern mit Regenwasser geholfen. Volker empfiehlt auch für das gereinigte Wasser aus Pflanzenkläranlagen eine Prüfung des ph-Wertes vor dem Einsatz im Garten. Wenn der Wert in Ordnung sei, könne es auch für Getreide und Gemüse genutzt werden.

Kann nicht auf Wassertoiletten verzichtet werden, ist auch der Einsatz von Grauwasser zur Toilettenspülung über ein eigenes Rohrleitungssystem machbar. Hierbei ist zu bedenken, dass das Wasser schon mit Nährstoffen angereichert ist, was das Wachstum von Bakterien fördern kann. Es benötigt vor der Nutzung also eigene Vorrichtungen zur Filterung oder Desinfektion. Wer das bauen will, informiert sich beispielsweise bei der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwasser e.V., die Handlungsempfehlungen dafür herausgegeben hat.

Die Bewässerung von Dachbegrünung mit Grauwasser zur Kühlung von Städten durch Verdunstung wurde 2014 von der Universität Weihenstephan Triesdorf untersucht. Ein Kühleffekt konnte nachgewiesen werden. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchungen war, dass die Wasserbelastung, vor allem bei Grauwasser aus der Waschmaschine, durch eine Veränderung des ph-Wertes und enthaltenes Natrium und Aluminium deutlich erhöht sein kann. Damit kamen manche der untersuchten Pflanzen klar, andere nicht. Ähnliche Erfahrungen kommen aus trockeneren Gebieten, wie in Australien oder den USA, wo es Versuche gibt, Grünflächen mit Grauwasser zu bewässern.

Von den kleinen Details des eigenen Umgangs mit dem Abwasser möchte ich zum Schluss noch den Blick auf die politische Ebene lenken und wo immer sich die Gelegenheit gibt, zum Engagement für dezentrale Abwasserreinigung aufrufen. Leider ist meine Großgemeinde, aus 43 Dörfern, ein Negativbeispiel: Alle kleinen früheren Dorfkläranlagen sammeln das Abwasser nur noch, und in einem leider erst neu gebauten riesigen Abwasserkanal wird das Abwasser aller angeschlossenen Haushalte über mehrere Kilometer in die nächste Großkläranlage befördert. Hier wird das gereinigte Wasser dann in den anliegenden Fluss entlassen. Damit wird das Wasser auf direktem Weg der Landschaft entzogen, ohne jemals die kleineren und größeren Bäche gefüllt zu haben.

Wo auch immer es möglich ist: Baut Kompostklos oder Trockentrenntoiletten und setzt euch auch auf politischer Ebene dafür ein, dass das möglich wird und das Abwasser in der Gemeinde bleibt! Nicht nur in abgelegenen Dörfern können auch gemeindeeigene Pflanzenkläranlagen eine gute Lösung sein.

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