Vor einigen Jahren war der Deutsche Design Club vom User-Centered zum Human-Centered-Design gekommen. Anschließend wurde das erweitert um den Begriff des Planet-Centered-Design. Es waren Versuche, den Kontext und die Auswirkungen von Design besser zu verstehen. Dabei blieb das Gefühl, dabei nur einen Teil der komplexen, realen Welt und den Herausforderungen des planetaren Überlebens gerecht zu werden. Mit dem Wettbewerb "Was ist gut 2025" geht der Deutsche Design Club ein Stück weiter. In diesem Jahr legen sie nämlich dem Award die Prinzipien der Permakultur zu Grunde.
Was macht Permakultur aus?
Joel: "Permakultur ist ein Gestaltungsansatz. Bei Permakultur geht es speziell darum, zukunftsfähige Weisen für unser Leben auf diesem Planeten zu entwickeln und zu gestalten. Dafür hat Permakultur als Ansatz verschiedenes indigenes und traditionelles Wissen zusammengefasst. Permakultur trägt als systemischer Ansatz dazu bei, dass wir unsere Gestaltungsanliegen in einem größeren Kontext betrachten und verschiedene Aspekte von unserem Sein miteinbeziehen."
Wieso ist Permakultur gerade jetzt wichtig für die Designszene?
Thomas: "Ich denke, dass die Fragen, die uns derzeit beschäftigen, gerade als Gestaltende, aber auch gesamt als Gesellschaft, immer systemischer Natur sind. Wir leben in extrem komplexen Systemen. Einfache, aus der Hüfte geschossene Antworten sind meist zu kurz gedacht oder greifen nicht so in der Realität, wie wir uns zunächst vorstellen. Die Permakultur ist gerade hier ein extrem niederschwelliger, disziplinsübergreifender Ansatz, der uns dazu befähigt systemisch zu denken. Auch als nicht klassisch wissenschaftliche System Thinker. So denke ich, dass Permakultur gerade jetzt ein wichtiges Werkzeug ist, dem wir uns widmen sollten."
Kommunikationsdesign trifft auf Permakultur
Gloria: "Wenn ich Permakultur für mich als Kommunikationsdesignerin anwende, dann achte ich zum Beispiel darauf, dass ich wirklich die echten Bedürfnisse der Nutzer:innen verstehe. Also wirkliche kucke, dass ich reelle, gute Lösungen gebe. (…) Und dass ich mit der Zielgruppe ehrlich kommuniziere und sie nicht versuche zu manipulieren. Oder weiter gefasst, dass ich kucke, dass ich schlank und minimalistisch gestalte um die Reizüberflutung rauszunehmen. (…) Nach dem Motto: Gute Gestaltung ist dann, wenn man nichts mehr weglassen kann. Aber auch dahinter, dass man kuckt, dass wir z. B. für die Programmierung schlanke Codes benutzen, keine oder wenig Plugins, unnötiges CSS rauslassen, wenn der Kunde/die Kundin das nicht braucht. Dass wir Datenmengen minimieren: Kleine Daten, kleine Bilder. Lieber im kb-Bereich [Kilobytes, Anmerkung der Redaktion] bleiben, nicht Gigabytes. So versuchen, Ressourcen zu sparen. Nebenbei führt das dazu, dass die User eine bessere Erfahrung auf der Webseite haben. (…) Sonst noch Praktisches, wie, dass wir Ökostrom benutzen, dass wir versuchen, langlebige Hardware zu nutzen und nicht mit jedem Trend mitzugehen: das nächste Notebook, der nächste Mac. Versuchen, weniger Druckerzeugnisse zu produzieren und, wenn dann, klimaneutral. Diversität im Team."
Kritik an Design-Awards begegnen
Michael: "Design-Awards sind seit Jahrzehnten in Kritik durch Fokus nur auf Ästhetik oder mangelnde Transparenz in der Bewertung. Oder auch es werden zu viele Arbeiten ausgezeichnet. Es gibt so viele Awards. (…) Diese ausgezeichneten Arbeiten oder die Awardskonzepte bieten eigentlich gar keine Antwort auf die Probleme der Branche und auch der Zeit. (…) Die Prinzipien des systemischen Gedankens können einfach in vielerlei Hinsicht auf die Award-Landschaft und das Bewerten von Arbeiten übertragen werden. Dass man ganz pragmatisch auf Ressourcen nutzen und erhalten geht. Eine häufige Kritik bei Awards ist ja, dass es Cases gibt, die für diese eingereicht werden, um Goldprojekte zu erzeugen. Wenn man von diesem Prinzip ausgeht, dann ist der enorme Ressourcenverbrauch ohne den dagegen stehenden Ertrag einfach überhaupt gar nicht erklärbar."
Kommunikationsdesign kann Gutes bewirken
Gloria: "Relativ früh [im Studium] habe ich gemerkt, dass Design nicht nur dafür da ist, Probleme zu lösen, sondern dass es auch eine sehr egozentrierte Ellbogengesellschaft ist unter uns Designer:innen. (…) Es gibt durchaus auch Projekte oder Kunden, die es wert sind, gesehen zu werden. (…) So habe ich für mich gemerkt, dass ich einfach wirken möchte. (…) Dass ich das für die Sache mache, und nicht um selbst gesehen zu werden. (…) Ich finde, Permakultur fängt mit einer inneren Haltung an, dass wir uns erstmal fragen als Gestalter:innen: Was mache ich hier eigentlich? Nehme ich die Verantwortung wahr, die ich habe, um wirklich mitzugestalten? Wir haben keine Zeit mehr für geiles Design, wir brauchen wirklich gutes Design. Gut im Sinne von es ist dem Leben dienlich, und nicht dem Markt oder meinem Ego.
Aus der Folge 230 des Podcasts DDCAST des Deutschen Design Club, bei dem auch die Rechte liegen.
Weitere Blogbeiträge zum Thema Minimalismus bei der Digitalisierung und Tipps, wie ihr euren Datenkomsum reduzieren könnt, gibts hier. Beiträge mit und von Joel Campe über Permakultur und die Anastasia-Bewegung sowie über internationale Vernetzung mit Permakulturbezug ebenfalls. Mehr über das Ökodorf Sieben Linden erfahrt ihr hier.

